Im Fall der verschwundenen Maddie führen die Spuren nach Deutschland: Auch auf einem Grundstück in Hannover haben die Ermittler Beweise gesucht. Foto: AFP/Hauke-Christian Dittrich

Die Ermittler im Fall Maddie gewinnen Zeit, um Material gegen den Verdächtigen zu sammeln. Der Mann sitzt wegen einer Vergewaltigung im Jahr 2005 zu Recht in einem deutschen Gefängnis, urteilen EU-Richter.

Luxemburg - Der im Fall Maddie verdächtigte Christian B. kann weiterhin in Deutschland festgehalten werden. Das Urteil vom Landgericht Braunschweig aus dem Dezember 2019 gegen den 43-Jährigen wegen der Vergewaltigung einer US-Touristin in Portugal im Jahr 2005 verstößt nicht gegen EU-Recht. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag entschieden. Wegen der Vergewaltigung der Amerikanerin war Christian B. zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.

Ungeklärte Fälle werden aufgerollt

Damit ist klar, dass die Ermittler im Fall Maddie mehr Zeit bekommen, die Verdachtsmomente gegen den Deutschen zu erhärten. Christian B. wird von den Ermittlern verdächtigt, die dreijährige Madeleine McCann 2007 aus dem Ferienapartment ihrer Eltern an der Algarve entführt und getötet zu haben. Christian B. wird von den Ermittlern zwar nicht offiziell als Beschuldigter im Fall Maddie geführt, er steht aber im Mittelpunkt der Ermittlungsarbeit. Nachdem dies bekannt wurde, wurden die Ermittlungsakten bei mehreren ungeklärten Kindermorden in ganz Europa wieder aufgemacht. Inzwischen soll sich auch eine Irin bei der Polizei gemeldet haben, die in Christian B. den Täter einer Vergewaltigung zu erkennen glaubt, der sie ebenfalls in Portugal vor Jahren zum Opfer fiel.

Revision gegen Vergewaltigungsurteil eingelegt

Der Anwalt von Christian B. hatte Revision gegen das Vergewaltigungsurteil vom 16. Dezember eingelegt. Er hatte argumentiert, dass die Verurteilung nicht rechtens war. Hintergrund ist, dass B. aufgrund einer anderen Straftat von Portugal an die Strafverfolgungsbehörden in Deutschland ausgeliefert worden war. Die deutschen Behörden hatten die Auslieferung auf der Basis eines Europäischen Haftbefehls durchgesetzt. Der Anwalt von B. hatte daher erklärt: Da die portugiesische Behörde gar nicht der Strafverfolgung wegen der 2005 in Portugal begangenen Vergewaltigung zugestimmt habe, hätten die deutschen Behörden ihn deswegen weder belangen noch verurteilen dürfen.

Der Bundesgerichtshof als die Instanz, die über die Revision zu entscheiden hat, hat den EuGH gebeten zu überprüfen, ob das Urteil wegen der Vergewaltigung Bestand haben kann oder verworfen werden muss. Das oberste europäische Gericht in Luxemburg hat nun entschieden, dass die Verurteilung rechtens war. In diesem Fall gelte der Grundsatz der sogenannten Spezialität im Zusammenhang mit dem Europäischen Haftbefehl nicht. Dieser Grundsatz verbietet eigentlich, dass ein Verdächtiger wegen einer anderen Straftat belangt wird als die, auf die der Haftbefehl ausgestellt wurde. Christian B. könne sich auf diese Regelung aber nicht berufen.

Er habe nämlich freiwillig das deutsche Hoheitsgebiet verlassen, nachdem er die Strafe verbüßt hatte, für die die Portugiesen der Auslieferung zugestimmt hatten. Tatsächlich mussten die deutschen Behörden ihn Ende August 2018 freilassen, wenige Tage später war er über die Niederlande nach Italien gereist. Die deutschen Strafverfolgungsbehörden erwirkten daraufhin einen weiteren Europäischen Haftbefehl gegen ihn. Auf Basis dieses neuen Haftbefehls wurde er in Italien festgenommen, und die italienischen Behörden stimmten seiner Auslieferung nach Deutschland zu.