Verteidigungsministerin von der Leyen gerät immer mehr unter Druck. Foto: dpa

Die Wahlkämpfer der Parteien schießen sich auf die Verteidigungsministerin ein: Von der Leyen habe in der Bundeswehr über Jahre weggeschaut. Indes wurden wegen Fehlern im Fall Franco A. disziplinarische Ermittlungen gegen Verantwortliche eingeleitet.

Stuttgart - Die Affäre um den terrorverdächtigen und rechtsextremen Soldaten Franco A., der sich eine Zweitidentität als Flüchtling zugelegt und mutmaßlich Anschlagspläne gegen hochrangige Politiker geplant hat, wird von Grünen und SPD nicht länger als rein verteidigungspolitische Angelegenheit behandelt, sondern findet Eingang in den Wahlkampf.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wurde am Mittwoch deswegen nicht nur von den Fachpolitikern attackiert. Kanzlerkandidat Martin Schulz (SPD) warf der Verteidigungsministerin vor, einen Vertrauensverlust der Streitkräfte in der Öffentlichkeit herbeigeredet zu haben. Dass sie die Soldaten unter einen „Pauschalverdacht“ stelle, sei „absolut inakzeptabel“. Sie erwecke den Eindruck einer „Selbstverteidigungsministerin“, die sich „in umfassender Form ihrer Führungsverantwortung zu entziehen versucht“.

„Über Jahre weggeschaut“

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter machte von der Leyen dafür verantwortlich, dass Deutschland nur knapp der Katastrophe eines Terroranschlags auf hochrangige Politiker entkommen sei. Als Befehlshaberin der Streitkräfte habe von der Leyen offenbar „über Jahre weggeschaut“. Sie müsse „dem Himmel danken“, dass es nicht zu Schlimmerem kam, sagte Hofreiter. Heike Buchholz, Verteidigungspolitikerin der Linken, sprach im Bundestag von der „Bildung einer rechtsterroristischen Zelle“. Von der Leyen und ihre Amtsvorgänger hätten das Problem des Rechtsextremismus bei der Bundeswehr jahrelang und systematisch kleingeredet.

Wegen Fehlern im Umgang mit Hinweisen auf den Rechtsextremismus von Franco A. sind jetzt disziplinarische Ermittlungen eingeleitet worden. Das hat von der Leyen gegenüber dieser Zeitung bestätigt. Dabei geht es dem Vernehmen nach um den Chef des Streitkräfteamtes Generalmajor Werner Weisenburger und den Rechtsberater des Amtes. Sie nahmen Hinweise auf das rechtsextreme Gedankengut in der Masterarbeit des Soldaten nicht ernst, so dass es für Franco A. weder zu disziplinarischen Konsequenzen noch zu einer Überwachung durch den Militärischen Abschirmdienst MAD kam.

Vor Kurzem geprägte Gedenkmünze gefunden

Bei der von der Verteidigungsministerin und Generalinspekteur Volker Wieker veranlassten Durchsuchung von Bundeswehrstandorten auf Wehrmachtsdevotionalien sind offenbar 41 Gegenstände gefunden worden. Die Bandbreite reicht nach Angaben von Verteidigungspolitikern „vom Modellflugzeug bis zu einer vor Kurzem geprägten Gedenkmünze“.

Funde, die mit dem monothematischen Wehrmachtsraum in Illkirch oder der Sammlung in Donaueschingen vergleichbar seien, habe es nicht gegeben, räumte von der Leyen ein. Die Verteidigungsministerin hält trotzdem fest an ihren Plänen, den Traditionserlass zu überarbeiten, den Umgang mit Erinnerungsstücken aus der Wehrmachtszeit neu zu regeln und Kasernen umzubenennen.