Der Fall Edathy wird zur Zerreißprobe: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Vize Sigmar Gabriel (SPD) Foto: Getty Images Europe

Der Fall Edathy hat massiven Ärger in der schwarz-roten Koalition verursacht. Kann das Krisentreffen der drei Parteichefs die Wogen glätten? Diskutiert wird nun auch über schärfere Gesetze gegen Kinderpornografie.

Der Fall Edathy hat massiven Ärger in der schwarz-roten Koalition verursacht. Kann das Krisentreffen der drei Parteichefs die Wogen glätten? Diskutiert wird nun auch über schärfere Gesetze gegen Kinderpornografie.

Berlin - Nach massiven gegenseitigen Vorwürfen wegen der Edathy-Affäre suchen Union und SPD nach Wegen aus der Vertrauenskrise der großen Koalition. Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) mahnte vor einem für Dienstagabend geplanten Treffen der Parteichefs eine schnelle und sachliche Aufklärung offener Fragen an. Die Union bekräftigte, dass sie die SPD am Zuge sieht. Die Kinderpornografie-Ermittlungen gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy haben derweil eine neue Diskussion über mögliche Gesetzesverschärfungen ausgelöst.

Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) sagte am Dienstag: „Es ist die Bringschuld der SPD und nicht die Holschuld der CDU, dafür zu sorgen, die Sache vollständig aufzuklären.“ So sei die Frage zu beantworten, ob Edathy aus seiner Partei Hinweise auf die gegen ihn gerichteten Ermittlungen bekommen habe. In der Koalition müsse wieder Vertrauen geschaffen werden. Konkretes würden die drei Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) am Abend in Berlin besprechen.

Thomas Oppermann in der Schusslinie

In der Union steht vor allem SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann in der Kritik. Er hatte öffentlich gemacht, dass der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) im Herbst SPD-Chef Sigmar Gabriel informierte, dass Edathys Name bei Ermittlungen im Ausland aufgetaucht sei. Friedrich trat am Freitag als Agrarminister zurück. Ihm wird nun Geheimnisverrat vorgeworfen.

Altmaier sagte dem Radiosender ffn: „Die Vorgänge im Fall Edathy haben deutlich gemacht, dass alle Beteiligten sich fragen lassen müssen, wie sie es mit ihrer Verantwortung gehalten haben.“ Er hoffe, dass die aufgeregten Debatten der vergangenen Tage jeden zum Nachdenken bringen. Informationsabläufe könne man so klären, „dass man am Ende Antworten hat und die Sacharbeit nicht darunter leidet“.

Schäfer-Gümbel: "Vertrauensverhältnis nicht nachhaltig beschädigt"

SPD-Bundesvize Thorsten Schäfer-Gümbel hält die Differenzen mit der Union für lösbar. „Ich sehe das Vertrauensverhältnis nicht nachhaltig beschädigt“, sagte er im ZDF. Alle führenden Politiker der Koalition hätten ein Interesse an einer Lösung. Er nahm Oppermann gegen Vorwürfe des Vertrauensbruchs in Schutz.

Der Innenausschuss des Bundestages will sich an diesem Mittwoch mit der Affäre Edathy beschäftigen. Erwartet werden in nicht-öffentlicher Beratung nach Angaben aus der Grünen-Fraktion unter anderem der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, sowie Oppermann und SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht.

Edathy meldete Laptop als gestohlen

Zu den Ermittlungen gegen Edathy wurden neue Einzelheiten bekannt. So hatte er in der vergangenen Woche seinen dienstlichen Laptop beim Bundestag als gestohlen gemeldet - mehrere Tage nachdem er sein Mandat niedergelegt und die Staatsanwaltschaft Hannover Wohn- und Büroräume durchsucht hatte. Das bestätigte Parlamentssprecher Ernst Hebeker am Montagabend. Die Ermittler erfuhren davon tagelang nichts.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, sprach sich für eine Verschärfung der Gesetze gegen Kinderpornografie aus. „Der Fall Edathy zeigt klar, dass es hier eine Gesetzeslücke gibt“, sagte Rörig der Zeitung „Die Welt“.

Innen-Staatssekretär Günther Krings (CDU) sagte der „Rheinischen Post“, zumindest die „gewerbliche Verbreitung“ von Nacktfotos von Kindern sollte verboten werden. Die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Renate Künast (Grüne), sagte im Deutschlandradio Kultur, denkbar wäre, gewerblichen Handel außerhalb von Kunst und Kultur zu verbieten. Familienfotos vom FKK-Strand müssten indes straffrei bleiben.

Das Strafrecht unterscheidet zwischen zwei Kategorien. Bei Kategorie zwei sind nackte Kinder, aber nicht explizit ihre Genitalien im Fokus. Solche Aufnahmen sind nicht strafbar. Bei Kategorie eins handelt es sich um strafbares kinderpornografisches Material.