Der deutsche Journalist Deniz Yücel sitzt seit Monaten ohne Anklage in der Türkei in Haft. Foto: dpa-Zentralbild

Der in der Türkei inhaftierte Reporter Deniz Yücel erinnert Berlin daran, dass es in der Politik um mehr geht als um Macht und Machbarkeit.

Stuttgart - Warum liefert Deutschland keine Waffen an die Türkei? Die Gründe sind massive Menschenrechtsverletzungen sowie das militärische Vorgehen in den Kurdengebieten, mit dem Ankara das Kriegswaffenkontrollgesetz und die Richtlinien zu Rüstungsexporten verletzt. Der Fall des inhaftieren Reporters Deniz Yücel hat damit absolut nichts zu tun. Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel hat den Verhandlungen um die Freilassung des Journalisten einen Bärendienst erwiesen, als er in einem Interview die Genehmigung von Waffenlieferungen mit der Freilassung von Yücel in Verbindung brachte. Ginge Deutschland darauf ein, wäre es das Ende der Diplomatie und der Beginn der Wegelagerei, bei der Geiselnahmen zum täglichen Geschäft gehören.

Wenn die Türkei Waffen will, könnte sie den seit dem Putsch von 2016 geltenden Ausnahmezustand aufheben, dann würde Berlin die Lage neu bewerten. Dass Deniz Yücel nun aus dem Gefängnis heraus die Bundesregierung darauf aufmerksam macht, dass er nicht Teil eines „schmutzigen Deals“ mit der Türkei werden möchte, ist ihm hoch anzurechnen. Er erinnert damit daran, dass es in der Politik bisweilen um mehr geht als um Macht und Machbarkeit. Und dass so altmodische Begriffe wie Ehre und Gewissen nicht nur abgegriffene und sinnentleerte Vokabeln sind.