Wer als Arzt einen Doktortitel führt, muss der Kammer die Urkunde dazu vorlegen. Ein Zahnarzt aus Heidelberg tut das nicht – und hat deshalb schon zum zweiten Mal Ärger.
Die Qualität einer Ärztin oder eines Arztes hängt nicht vom Doktortitel ab. „Dr. med.“ oder „Dr. med. dent“ – der Zusatz belegt lediglich, dass eine wissenschaftliche Arbeit verfasst wurde. Ohne eine solche können Mediziner genauso kompetent, erfahren und vertrauenswürdig sein. Für den Arztberuf ist eine Promotion nicht erforderlich, aber aus psychologischen oder Prestigegründen zuweilen hilfreich.
Wer sich an der Praxis oder auf seiner Webseite als „Dr. med. dent.“ ausweist, sollte aber tatsächlich einer sein – sonst könnten sich Patienten zu Recht getäuscht sehen. Sichergestellt wird das in Baden-Württemberg durch die Landeszahnärztekammer. Binnen eines Monats nach Aufnahme ihrer Tätigkeit oder dem Umzug in den Südwesten müssen Dentisten umfangreiche Unterlagen vorlegen, insbesondere die Approbations- und die Promotionsurkunde. Wer das nicht tut, dem drohen Konsequenzen durch die Kammer.
Kammer wartet auf die Promotionsurkunde
Ein Fall aus Heidelberg zeigt nun, wie die Kontrolle funktioniert – und wie mühsam sie sein kann. Dort praktiziert ein selbstständiger Zahnarzt, der seinem Namen lange einen „Dr.“ voranstellte. An der Praxis, im Briefkopf oder auf der Webseite fand sich der Zusatz regelmäßig.
Inzwischen führt er ihn teilweise nicht mehr, teilweise aber noch immer. Doch die erforderliche Promotionsurkunde liegt der zuständigen Bezirksärztekammer Nordbaden bis heute nicht vor. So wurde es Patienten mitgeteilt, die nicht nur wegen des Titels misstrauisch geworden waren, sondern das Verhalten des Arztes auch sonst sonderbar fanden.
Bei der Landeszahnärztekammer in Stuttgart weiß man sofort, um wen es geht. Gegen die betreffende Person, berichtet ein Sprecher, sei „bereits ein berufsgerichtliches Verfahren durchgeführt und abgeschlossen“ worden. Die Sanktion: ein Bußgeld in nicht bekannter Höhe. Doch das Vorgehen hat den Arzt offenbar nicht sonderlich beeindruckt. Weil er den Doktortitel weiterhin ohne Nachweis führe, ist laut der Kammer inzwischen ein zweites berufsgerichtliches Verfahren gegen ihn anhängig. Darin werden offenbar auch andere Vorwürfe gegen ich untersucht. Auch die Staatsanwaltschaft in Heidelberg beschäftigt sich mit dem Mediziner. Zu einem dort anhängigen Ermittlungsverfahren gibt der Pressesprecher derzeit indes keine Auskünfte. Begründung: das Informationsinteresse der Öffentlichkeit müsse nach sorgsamer Abwägung hinter anderen privaten oder öffentlichen Schutzinteressen zurückstehen. Man könne aber „in ein paar Wochen nochmals anfragen“.
Staatsanwalt schweigt zu Ermittlungen
Der Zahnarzt selbst gab sich auf Anfrage unserer Zeitung ahnungslos. „Alle diese Verfahren sind mir unbekannt“, teilte er mit, „weder die Kammer noch ein Gericht hat sich bei mir gemeldet.“ Ob und wo er promoviert habe, warum die Promotionsurkunde nicht vorliege - dazu gab er keine Auskünfte mehr. Begründung: Hinter den Vorwürfen vermute er unzufriedene Patienten, die Forderungen gegen ihn durchsetzen wollten. Es bleibt also der Ausgang der Verfahren abzuwarten.
Allgemein spielt die Promotion für Patienten kaum eine Rolle. Auch wer keinen Titel vorweisen kann, wird oft als „Frau Doktor“ oder „Herr Doktor“ angesprochen.