Rülke ist nicht gerade zurückhaltend, wenn es um politische Angriffe geht, er formuliert gerne bissig bis böse, manchmal auch polemisch (Archivbild). Foto: imago images/M. Popow

Hans-Ulrich Rülke ist bekannt für bissige Angriffe. Nun ist der FDP-Fraktionschef mit einem Beitrag über Greta Thunberg klar übers Ziel hinausgeschossen. Denn in dem Post werden Dinge behauptet, die nicht stimmen.

„Sie sind so ziemlich das peinlichste was Baden Württemberg zu bieten hat“, kommentiert ein Nutzer am Mittwoch auf Facebook einen Beitrag von FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. In dem Bild geht es um die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg, um Elektroautos, Kobalt, Gold - und Behauptungen, die so gar nicht stimmen. Rülke wird für seinen Post heftig angefeindet – von vielen Menschen im Netz, aber auch vom politischen Gegner.

Behauptung: Greta Thunberg setzt sich für eine Elektroauto-Pflicht ein und fördert damit auch gefährliche Kinderarbeit für die Produktion von E-Autos - das zumindest ist der Eindruck, den eine von Rülke kommentarlos auf Facebook verbreitete Bildkombination erweckt.

Bewertung: Falsch.

Fakten: Rülke ist nicht gerade zurückhaltend, wenn es um politische Angriffe geht, er formuliert gerne bissig bis böse, manchmal auch polemisch. Und er sieht die Elektromobilität mehr als kritisch, warnt immer wieder vor einer einseitigen Festlegung auf diese Technologie, kritisiert schon lange eine angebliche Klima-Ideologie und die umweltschädliche Herstellung etwa der Batterien. Die Südwest-FDP hat sich in der Vergangenheit stattdessen für eine Technologieoffenheit der Politik und Wasserstoff als den Antrieb der Zukunft ausgesprochen.

Nun postet Rülke diese Woche das Bild. Die obere Hälfte der Bildkombination zeigt Thunberg bei einer Rede vor blauem Hintergrund mit dem Satz „I demand everyone drive electric cars now!“ („Ich fordere, dass jeder sofort Elektro-Autos fährt“). In der unteren Hälfte sind dreckige Kinder in einer Schlammgrube in Afrika zu sehen, neben einem ernst dreinblickenden Jungen steht der Satz: „We’re mining the cobalt for your batteries as fast as we can, Greta.“ („Wir bauen das Kobalt für deine Batterien so schnell wie möglich ab, Greta“). Die Bildkombo kursiert bereits länger im Netz. Es handelt sich dabei um Fake News.

Elektro-Pflicht?

Nach Recherchen der dpa-Faktencheck-Redaktion gibt es keine Belege dafür, dass Thunberg je eine Pflicht für Elektrofahrzeuge gefordert hat. Das Bild zeigt die Schwedin bei der UN-Klimakonferenz 2019 in Madrid. Bei ihrer Rede sprach sie allerdings nicht über E-Autos. Auch ansonsten gibt es keine Beweise dafür, dass sie eine Elektrofahrzeuge-Pflicht gefordert hat.

Kinderarbeit?

Der Vorwurf, dass Fahrer von E-Autos für mehr Kinderarbeit sorgen, existiert schon länger. Dabei geht es vor allem um den Kobaltabbau im Kongo. Kobalt ist ein Metall, das unter anderem für Batterien in E-Autos benötigt wird, aber auch für Handy- und Laptop-Akkus. Der Kongo hat die weltweit größten Kobalt-Vorkommen. Kobalt wird dort oft auch von Kindern unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut, wie etwa die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisiert. Auch bei anderen Materialien wie Lithium, die für die Batterien von E-Autos verwendet werden, ist der Abbau oft problematisch.

Das Foto aus Afrika ist aber irreführend, denn es zeigt Kinder beim Abbau von Gold - und nicht von giftigen Materialien für die E-Auto-Produktion. Es wurde 2014 von einem Fotografen der französischen Nachrichtenagentur AFP in einer Goldmine in Afrika aufgenommen.

Kritik an der Herstellung von Batterien gibt es durchaus - das gilt jedoch nicht nur für E-Autos, sondern auch etwa für Elektrogeräte. Der erweckte Eindruck, Thunberg sorge mit ihren Forderungen für mehr Kinderarbeit, ist nicht richtig.

Bewertung? 

Im Netz und vom politischen Gegner wird Rülke für den Post nun heftig kritisiert, ihm werden Populismus und AfD-Methoden vorgeworfen. „Die AfD im Land sucht einen neuen Vorsitzenden und Herr Rülke bewirbt sich via Facebook darauf“, schimpft die CDU-Generalsekretärin Isabell Huber. Rülke könne nur „Populismus pur“. „Sowas hat in einer Demokratie nichts verloren. Wenn dieser Mann noch einen Funken Anstand hat, muss er sich für diesen Post entschuldigen.“ Die FDP im Land könne von keinem mehr ernst genommen werden.

Selbst aus der SPD, die in der Kritik an der grün-schwarzen Regierung mit der FDP sonst häufig an einem Strang zieht, kommt heftige Kritik an dem Rülke-Post. „Wir halten diesen Beitrag für völlig inakzeptabel“, sagte der SPD-Generalsekretär Sascha Binder. Der FDP-Fraktionschef verlasse damit den Grundkonsens einer demokratischen Debattenkultur. „Rülke muss seinen Beitrag umgehend zurücknehmen und sich für diese Entgleisung entschuldigen.“

Und was sagt der Verfasser des Posts dazu?

Rülke aber denkt nicht an eine Entschuldigung. „Den Post habe ich nicht geschaffen, sondern geteilt“, teilte er am Mittwoch auf Nachfrage der dpa mit. „Solche Posts überspitzen immer. Es ging darum, ins Bewusstsein zu rücken, dass es beim Kobalt-Abbau in Afrika Kinderarbeit gibt, worüber zu wenig geredet wird. Wenn sich dies nun ändert, ist es gut!“