Ein Schild an einer Straße weist auf Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge hin. Foto: dpa

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will die Dieselfahrverbote wirkungsvoll überwachen – aber die Fachpolitiker der Koalition haben viele Bedenken und nehmen nun das Heft selbst in die Hand.

Berlin - In Berlin wird noch immer um die konkrete Ausgestaltung von Dieselfahrverboten gerungen. Auffallend ist dabei, dass die Konfliktlinie derzeit durchaus nicht in erster Linie zwischen den beiden Regierungsparteien Union und SPD verläuft, sondern zwischen dem Bundesverkehrsministerium von Andreas Scheuer (CSU) und den Fachpolitikern der beiden Fraktionen. Der aktuelle Konflikt dreht sich um das Straßenverkehrsgesetz.

Im Dezember hatte Scheuer einen Gesetzentwurf vorgelegt, der eine Reihe von Maßnahmen vorsah, um die Fahrverbote „effektiv vollziehen und überwachen zu können“. Im Kern ging es darum, dass die zuständigen Überwachungsbehörden im Rahmen von Kontrollen „bestimmte Daten, auch automatisiert, erheben, speichern und verwenden“ können, wie es im Entwurf hieß.

Inzwischen stellt sich heraus, dass Scheuer mit dem von ihm vorgelegten Gesetzentwurf weitgehend Schiffbruch erlitten hat. In der Dezember-Fassung gilt der Entwurf nach Recherchen unserer Zeitung sowohl in der Union als auch in der SPD als nicht zustimmungsfähig. Der Vorsitzende der Südwest-Landesgruppe in der Unionsfraktion, Andreas Jung, sagte unserer Zeitung: „In seiner ursprünglichen Form hat der Gesetzentwurf keine Akzeptanz gefunden.“

Daten müssen schneller gelöscht werden

Zwischen den Fraktionen von Union und SPD laufen nun gleich mehrere Gesprächsrunden, um zu gemeinsam getragenen Veränderungen zu kommen. Dabei sind beide Seiten bereits ein gutes Stück voran gekommen. Scheuers Entwurf hatte vorgesehen, dass die Daten von in die Fahrverbotszonen eingefahrenen Fahrzeugen „spätestens sechs Monate nach ihrer erstmaligen Erhebung zu löschen“ seien. Daraufhin hatte Johannes Fechner, der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion „schwerste verfassungsrechtliche Bedenken“ vorgebracht. Er wies darauf hin, dass selbst bei der Vorratsdatenspeicherung, die für einen Katalog allerschwerster Straftaten gilt, die zulässige Speicherfrist zehn Wochen betrage. Auch in der Unionsfraktion stieß das Vorhaben auf Skepsis. Wie unsere Zeitung erfuhr, haben sich nun Fachpolitiker beider Parteien darauf verständigt, die Daten „spätestens zwei Wochen nach ihrer erstmaligen Erhebung zu löschen“. Dabei gibt es auch Stimmen, denen selbst diese drastische Verkürzung der Speicherfrist kritisch sehen. So sagte der Heilbronner CDU-Bundestagsabgeordnete Alexander Throm unserer Zeitung. „Ich weiß nicht, ob es eine gesetzgeberische Aufgabe sein soll, die an sich schon von uns unerwünschten Fahrverbote auch noch effektiv technisch überwachen zu lassen.“

Kommunen sollen mobile Geräte einsetzen

Das ist längst nicht der einzige Punkt, an dem Minister Scheuer zurückstecken muss. Die Koalitionsfraktionen sind sich auch weitgehend darüber einig, dass die automatisierte Überwachung durch feste Stationen („Starenkästen“) nicht kommen soll. Jetzt sollen die Kommunen mobile Geräte einsetzen. Diskussionsbedarf gibt es auch bei der Frage, wann das Gesetz in Kraft treten soll. Johannes Fechner findet es angemessen, das Gesetz „ erst dann in Kraft treten zu lassen, „wenn die betroffenen Fahrzeug-Eigentümer die Chancen hatten, ihr Fahrzeug nachzurüsten“. Das läge nahe, das Gesetz ab dem 1. Januar 2020 gelten zu lassen. Gespräche gibt es schließlich auch noch zu der Frage, ob es Behörden erschwert werden soll, für ganze Kommunen Fahrverbote anzuordnen, wie in Stuttgarter geschehen. Zumindest soll nach Vorstellung der SPD stets geprüft werden müssen, ob Fahrverbote für einzelne Straße ausreichen.

Die EU-Kommission war der Bundesregierung im Streit um Grenzwerte und Diesel-Fahrverbote entgegengekommen. Sie erhebt keine Einwände gegen die Pläne des Bundesverkehrsministers, großzügiger bei der Überschreitung des Grenzwertes für Stickoxid vorzugehen. Darin sind sich auch Union und SPD einig: Erst ab einer Belastung der Luft im Jahresmittel von 50 Mikrogramm Stickoxid sollen Fahrverbote als verhältnismäßig gelten. Die entsprechende EU-Richtlinie sieht einen Grenzwert von 40 Mikrogramm vor.