Der zu hohe Feinstaub ist in Stuttgart seit Jahren ein großes Problem. Foto: dpa

Die SPD im Landtag sieht bei der Landesregierung zu wenig Engagement für den öffentlichen Nahverkehr. Grün-Schwarz müsse mehr Geld in Strecken und Fahrzeuge stecken - statt über Fahrverbote zu diskutieren.

Stuttgart - Die SPD im Landtag will Baden-Württemberg zu einem Musterland für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) machen. „Wir brauchen mehr Busse und Bahnen auf mehr Strecken zu besseren Takten“, forderte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch am Donnerstag in Stuttgart. In der Diskussion um Fahrverbote, die Dieselfahrer „kalt enteignen“ würden, komme der Ausbau des ÖPNV viel zu kurz. Bei diesem Thema fehle Grün-Schwarz der große Wurf, obwohl die Haushaltskassen übervoll seien.

Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) habe trotz der gravierenden Schadstoffprobleme in Stuttgart seine Parteifreunde und die CDU nicht davon überzeugen können, mehr Geld für den Ausbau des ÖPNV in die Hand zu nehmen, betonte Stoch. „Das ist letztendlich der Offenbarungseid grüner Verkehrspolitik im Land.“

Das Ministerium konterte: „Die Landesregierung hat sich das Ziel gesetzt, den ÖPNV im ganzen Land dauerhaft auszubauen und dafür zu sorgen, dass ein verlässliches System aus Bussen und Bahnen in der Fläche besteht“, betonte ein Sprecher. So würden Jahr für Jahr für kommunale ÖPNV-Projekte große Summen aus dem Bundesförderprogramm GVFG (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz) abgerufen. Kein anderes Bundesland profitiere mehr von diesem Programm, betonte der Sprecher.

Stoch sagte, für die SPD sei das Thema Mobilität auch eine soziale Frage. Die Tarifstruktur im Nahverkehr müsse einfacher sein und so gestaltet, dass niemand ausgeschlossen werde. Stoch: „Mobilität muss auch für Menschen mit kleinem Geldbeutel bezahlbar sein.“ Es gehe auch darum, durch attraktiveren Nahverkehr Autofahrer zum Umstieg zu bewegen.

Ein Fünf-Punkte-Programm der SPD soll den ÖPNV im Land nach vorne bringen: Das Land müsse künftig nicht mehr nur Ersatzfahrzeuge, sondern auch die Beschaffung neuer Fahrzeuge fördern. Dafür müsste die bisherige jährliche Fördersumme von 20 Millionen Euro für Sanierungen auf 50 Millionen Euro erhöht werden.

Das Land müsse neue Strecken im ÖPNV stärker mitfinanzieren. Dafür verlangt die SPD-Fraktion vom Land, die Mittel nach dem Gesetz zur Finanzierung des Gemeindeverkehrs ab 2020 auf 300 Millionen Euro fast zu verdoppeln. Von dieser Summe sollten 180 Millionen Euro - statt bislang 75 Millionen Euro - in ÖPNV-Projekte der Kommunen fließen. Auch müsse mehr für den Radverkehr ausgegeben werden, so dass etwa Lücken im Radwegenetz geschlossen werden könnten - 20 Millionen Euro statt bislang 15 Millionen Euro im Jahr.

Die erhöhten Regionalisierungsmittel - zusätzlich 3,1 Milliarden Euro bis 2031 - müssten in mehr Züge und dichtere Takte investiert werden, erläuterte der SPD-Verkehrsexperte Martin Rivoir. Es sei zum Beispiel nicht einzusehen, warum nach 22.00 Uhr keine Züge mehr zwischen Karlsruhe und Stuttgart führen. Das Land müsse eventuell auch mit finanziellen Anreizen dafür sorgen, dass sich die zahlreichen Verkehrsverbünde zusammenschlössen, sagte Rivoir. Es sei nicht vermittelbar, dass das größere Nordrhein-Westfalen mit 9 Verkehrsverbünden auskomme - aber in Baden-Württemberg 22 Verbünde nebeneinander existierten.