Die Interpretationen des Leipziger Urteils zum Diesel-Fahrverbot reichen weit. Land und Stadt wollen ihr Vorgehen besprechen.

Stuttgart - Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von Dienstag bestätigt, dass ganzjährige Fahrverbote in der gesamten Stadt Stuttgart auch für Fahrzeuge mit Grüner Plakette möglich sind. Damit soll der EU-Grenzwert beim Stickstoffdioxid eingehalten werden. Unberührt von dem Grundsatzurteil bleibt der Vergleich, den das Land Baden-Württemberg mit Neckartor-Klägern geschlossen hatte. Dieser könnte sich aber durch die Abschaffung des Feinstaubalarms erledigen.

Das Land hatte sich im April 2016 verpflichtet, bei anhaltenden Überschreitungen der Feinstaub- oder Stickstoffdioxidwerte von 2018 an für 20 Prozent weniger Verkehr am Neckartor zu sorgen. Gelten sollte dies nur an Feinstaub-Alarmtagen. Der jüngste Alarm datiert vom 19. Februar und wurde am Mittwoch verlängert. Seit dem 19. Februar gab es drei Tage mit deutlichen Grenzwert-Überschreitungen. Die Alarmperiode endet am 15. April.

Land wehrt sich gegen Zwangsgeld

Das Land verwarf seinen Vorschlag zur Verkehrsreduzierung Ende 2017. Es wehrt sich vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim in einem weiteren Verfahren gegen die Umsetzung und ein Zwangsgeld von 10 000 Euro. Das hatte Klägeranwalt Roland Kugler erwirkt.

Kugler warf der Landesregierung am Mittwoch vor, sie spiele auf Zeit. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sage, dass das Land alles tun werde, um die Grenzwerte schnell einzuhalten. Tatsächlich schinde das Land aber Zeit. Der Anwalt des Landes habe in Mannheim „um Gewährung einer entsprechend auskömmlich bemessenen Begründungsfrist“ gebeten. „Es ist klar, dass das Land hier genauso wie in Leipzig unterliegen würde“, so der Anwalt.

Alarm schwer zu vermitteln

Mit dem von Hermann als Reaktion auf das Leipziger Urteil für Jahresende angekündigten Fahrverbot (Diesel bis Euro 4 und Benziner bis Euro 2) könnte sich der Feinstaubalarm erledigt haben. Für die Autofahrer „wäre ein erneuter Feinstaubalarm ab dem 15. Oktober bei gleichzeitigem Fahrverbot schwer nachzuvollziehen“, sagte ein Sprecher Hermanns auf Anfrage. Man werde zum Alarmthema „in den nächsten Tagen Gespräche führen“. Es könne sein, so der Sprecher, „dass sich das Problem der 20 Prozent dann nicht mehr ergibt“. Die Verkehrsreduzierung ist explizit an Alarmtage geknüpft. Auch OB Fritz Kuhn (Grüne) will den Alarm überprüfen.

Das Zwangsgeld würde das Land übrigens vom Verkehrs- an das Justizministerium zahlen. Das ergab eine Anfrage des Ulmer SPD-Landtagsabgeordneten Martin Rivoir. „Minister Hermann hat da ein Perpetuum mobile geschaffen“, so Rivoir.