Schon jetzt gilt in der Hindenburgstraße in Leonberg Tempo 30. Foto: Simon Granville

Über die Hindenburgstraße und Stohrer Straße will die Stadt Leonberg in Eltingen den Weg für Radler in Richtung Bahnhof und City ebnen. Doch es gibt Kritik.

Wolfgang Schmidt geht es wie vielen Anwohnern und Gewerbetreibenden in der Hindenburgstraße im Leonberger Stadtteil Eltingen: Dass bei ihnen vor der Haustür womöglich eine Fahrradstraße eingerichtet wird, davon haben sie bisher noch nie etwas gehört. „Bisher ist niemand auf uns zugekommen“, sagt der Seniorchef des Bekleidungshauses Wibbel. Der Herrenausstatter hat einen guten Ruf weit über die Stadtgrenze hinaus; viele auswärtige Kunden kommen mit dem Auto.

 

Fahrradstraße in Eltingen: 25 000 Euro Planungskosten vorerst gestoppt

Nicht nur Schmidt befürchtet, dass nun Fakten geschaffen werden könnten, ohne die Meinung der Anwohner einzuholen. Doch dies soll nun geschehen. Der Gemeinderat hat mit großer Mehrheit beschlossen, dass zunächst eine Informationsveranstaltung durchgeführt wird, bevor weitere Schritte, vor allem kostenintensive, eingeleitet werden. Ursprünglich wollte die Stadt schon jetzt die Vergabe von Planungsleistungen im Volumen von 25 000 Euro beschließen lassen. Doch bevor Geld in dieser Höhe fließt, soll zunächst des Volkes Stimme gehört werden.

Die Hindenburgstraße ist gemeinsam mit der Stohrer Straße in den Augen des bei Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) angesiedelten Referats für innovative Mobilität eine „wichtige Achse für den Radverkehr in Leonberg“, um den Bahnhof einerseits und stark frequentierte Ziele rund um die Römerstraße andererseits – Schulen, Einzelhandel und Gastronomie – mit der alten Eltinger Mitte zu verbinden.

Ob es in Leonberg eine Fahrradstraße geben wird, ist noch nicht ausgemacht. Foto: dpa

In einer vom Referat für Innovative Mobilität vor einem Jahr in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie stellt das Stuttgarter Planungsbüro IGV fest, dass sowohl die Stohrer Straße als auch die Hindenburgstraße eine „untergeordnete Bedeutung für den Kraftverkehr“ hätten und sich in beiden eine Fahrradstraße umsetzen ließe. Auch die auf der Hindenburgstraße verkehrenden ÖPNV-Gelenkbusse seien dafür kein Hindernis. Tempo 30 gilt dort schon jetzt.

Von Euphorie bis Skepsis – das Thema Fahrradstraße bewegt

Im Gemeinderat gingen die Meinungen auseinander. „Die Radfahrer müssen Hurra schreien“, zeigte sich Christa Weiss (SPD) euphorisch. Vor allem für die Kinder der Mörike-Schule, die dort ist, bringe eine Radstraße mehr Sicherheit, meinte Annette Gaber-Paul (SALZ). Der Grünen-Fraktionschef Bernd Murschel empfahl, mehr Werbung für das Vorhaben zu machen.

Die Kritiker störten sich nicht am Projekt Fahrradstraße grundsätzlich, sondern an der Lage. Sowohl der Freie-Wähler-Fraktionschef Axel Röckle wie auch sein FDP-Kollege Horst Nebenführ verwiesen auf die parallel verlaufende Poststraße. „Als die damals verkehrsberuhigt wurde, hieß es, dass der Verkehr in die Hindenburgstraße ausweichen könne“, sagte Röckle. Auch sei der bauliche Zustand der Straße sehr gut. „Wir brauchen sie nicht dort, wo sie falsch ist“, meinte Willi Wendel (CDU). „Die dann kommenden Parkverbote bringen nur Streit mit den Anwohnern.“

Die Fahrradstraße wäre die erste in ganz Leonberg

OB Cohn entgegnete, dass betroffene Anwohner solche Projekte „immer ablehnen“ würden. Er warb für eine Hindenburgstraße für Velos: Schließlich wäre das die erste in ganz Leonberg. Der erste Versuch, eine Fahrradstraße auszuweisen, war vor einigen Jahren in der nahe gelegenen Bismarckstraße nicht zuletzt auch an Kostengründen gescheitert. Damals gab es aber auch Kritik an der Sinnhaftigkeit, nehmen die meisten Schüler der Mörikeschule doch einen anderen Weg.

Fazit: Grundsätzlich bleibt die Fahrradstraße auf der Tagesordnung. Doch bevor weiteres Geld ausgegeben wird, soll es zunächst einen Info-Abend geben. Außerdem bleibt abzuwarten, was der neu gewählte Oberbürgermeister Tobias Degode, der am 1. Dezember sein Amt antreten wird, zu dem Ganzen meint.

Fahrradstraße

Vorrang
Eine Fahrradstraße ist eine Straße, die primär für den Radverkehr vorgesehen ist. Sie erlaubt Radfahrern das Nebeneinanderfahren auf der gesamten Fahrbahnbreite, wobei diese den Verkehr maßgeblich bestimmen.

Autos
Eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 Stundenkilometern gilt für alle Fahrzeuge. Autos dürfen eine Fahrradstraße nur mitnutzen, wenn dies durch ein Zusatzschild (zum Beispiel „Anlieger frei“, „Kfz frei“) erlaubt ist. In diesem Fall dürfen Autos den Radverkehr nicht behindern und müssen einen Mindestabstand von 1,5 Metern beim Überholen einhalten.