Auch durch Stuttgart fährt eine Flotte von elektrisch betriebenen Zweirädern – hier bei ihrem Start vor zwei Jahren am Neuen Schloss. Foto: dpa

Alle Welt redet von E-Bikes und Pedelecs – doch was genau ist damit eigentlich gemeint?

Stuttgart - Egal ob in der Innenstadt oder bei der Fahrradtour durch Wald und Wiesen: Plötzlich sind sie überall: Die E-Bikes. Im Mai 2012 waren laut Deutschem Zweirad-Industrieverband (ZIV) bereits rund eine Millionen Deutsche mit E-Bikes auf den Straßen unterwegs. Allein im vergangenen Jahr wurden über 300.000 Stück verkauft. Auch Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sieht in ihnen einen Heilbringer gegen den Verkehrsinfarkt. Immer häufiger werden Fahrradfahrer von einem Rad mit surrendem Elektromotor überholt. Doch was genau sind überhaupt E-Bikes? Oder heißen sie Pedelecs? Und vor allem: Was gilt für welches Rad?

Unterschiede
Elektroräder und E-Bikes bezeichnen im Prinzip dasselbe. Von normalen, unmotorisierten Fahrrädern unterscheiden sie sich durch ihre höhere Durchschnittsgeschwindigkeit und elektrische Bauteile wie Akku und Elektromotor. Sie wiegen bis zu 25 Kilogramm und sind damit wesentlich schwerer als herkömmliche Fahrräder. Der mit Strom betriebene Motor sitzt entweder im Tretlager oder in der Vorderrad- beziehungsweise Hinterradnabe. Dadurch ergeben sich besondere Anforderungen an Stabilität und Sicherheit. Elektroräder unterstützen den Fahrer mit bis zu 250 Watt zusätzlich.

Typologie
Das Pedelec (kurz für Pedal Electric Cycle) ist ein normales Fahrrad, das den Fahrer durch einen Elektromotor unterstützt. Wer ein solches besitzt, muss allerdings zwingend mittreten. Denn ohne Muskelkraft kann der Motor keine Leistung bringen. Das Pedelec unterstützt den Fahrer bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometern. Wer schneller unterwegs sein will, muss in die Pedale treten. Das erste Pedelec wurde 1994 von Yamaha auf den Markt gebracht. Es zählt zu den Fahrrädern und ist weder versicherungs- noch zulassungspflichtig. 2011 waren 95 Prozent aller verkauften Elektroräder in Deutschland Pedelecs.

Pedelecs mit Anfahr- und Schiebehilfe fahren bis zu sechs Stundenkilometern allein mit der Kraft des Motors. Auch diese spezielle Form des Pedelecs erfordert das Mittreten und zählt noch zu den Fahrrädern. Fahrer, die nach dem 1. April 1965 geboren wurden, müssen jedoch einen Mofaführerschein besitzen. Dieser ist im Autoführerschein inbegriffen. Sonst unterscheiden sich Pedelecs mit Anfahr- und Schiebehilfe nicht von normalen Pedelecs. S-Pedelec bezeichnet ein schnelles Pedelec. Seinem Namen macht das Rad auch alle Ehre: Es kann mit Tretunterstützung bis zu 45 Stundenkilometer erreichen. Bei den S-Pedelecs muss man zwischen dem normalen Pedelec und dem Hybrid-E-Bike unterscheiden. Bei dem reinen Pedelec entsteht Leistung ausschließlich durch die Tretbewegung. Hybrid-E-Bikes haben dazu auch einen Elektromodus, mit dem der Fahrer von 6 bis 20 Stundenkilometer ohne eigene Kraft vorwärts kommt. So können die S-Pedelecs ohne jegliche Tretbewegung fahren. Für beide Typen braucht man einen Führerschein der Klasse M (bis 50 Kubikzentimeter). Außerdem sind S-Pedelecs versicherungspflichtig, denn sie gehören zu den Kleinkrafträdern.

E-Bikes im engeren Sinn sind mit einem Elektromotor ausgestattet, den man durch einen Drehgriff oder Schaltknopf einfach betätigen kann. Selbstständiges Treten ist nicht erforderlich. Der Motor kann bis zu 500 Watt leisten, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 45 Stundenkilometern. Somit laufen E-Bikes auch unter Kleinkrafträder. Wer schneller fahren möchte, muss selbst treten. Um ein solches Rad zu fahren, muss man einen Mofa-Führerschein besitzen, den man auf seiner Radtour selbstverständlich auch stets mitführen sollte.

Helmpflicht
Für normale Pedelecs besteht keine Helmpflicht. Sobald das Rad allerdings ohne Trethilfe fahren kann, wird es zu den Kleinkrafträdern gezählt. Für die gilt eine Helmpflicht. Ein normaler Fahrradhelm reicht nicht aus, man benötigt nach Meinung des Bundesverkehrsministeriums einen Motorradhelm. Ein Helm, der speziell für E-Bikes geeignet wäre, gibt es noch nicht. Er wird derzeit von mehreren Herstellern entwickelt. Grundsätzlich gelten E-Bikes als relativ sicher – wenngleich sie schneller werden als normale Fahrräder. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) fordert die Bundesregierung dazu auf, die Straßenverkehrsordnung zu präzisieren und für klare Regeln zu sorgen. Sonst würden die Verbraucher nur verunsichert.

Radwege
Wo genau man E-Bikes und Pedelecs benutzen darf, hängt vom Fahrradtyp ab. Grundsätzlich gilt: Ab 25 Stundenkilometern muss man auf die Straße. Normale Pedelecs dürfen auf Radwegen fahren. Dasselbe gilt für Modelle mit Anfahrhilfe. Wer ein schnelleres S-Pedelec besitzt, darf Radwege nicht benutzen. Fahrer von S-Pedelecs müssen auf die Straße, es sei denn, der Radweg ist für Mofas freigegeben. E-Bikes dürfen grundsätzlich nur auf der Straße gefahren werden.

Kinder
Spezielle Räder für Kinder gibt es bisher nicht. Pedelecs sind auch für Kinder vorstellbar – anders als die E-Bikes, für die man mindestens einen Mofa-Führerschein benötigt und die deshalb für unter 15-Jährige eh nicht in Frage kommen. Einige Hersteller haben sich auf die Bedürfnisse von Familien spezialisiert und produzieren Kinderanhänger und Gepäckträger für Pedelecs. An E-Bikes dürfen keine Kindersitze- oder Anhänger angebracht werden.