Das Gericht hat entschieden: Der Chef der Metzgerei hat nicht genug getan, um zu verhindern, dass verunreinigte Wurst in Umlauf kam. Foto: dpa

Auf ein Missgeschick bei der Wurstproduktion folgte eine Kette von falschen Reaktionen. Zu dieser Überzeugung kommt das Amtsgericht in Besigheim – und verurteilt den Chef einer Großmetzgerei aus Bietigheim-Bissingen zu einer Strafe von 10 000 Euro.

Bietigheim-Bissingen - Nach dem Kauf von Chili-Bratwürsten hat ein Mann aus Stuttgart im April 2016 eine böse Überraschung erlebt: In einer der Würste steckte ein 1,7 Zentimeter langer Plastiksplitter. Gekauft hatte er die Bratwürste in einer Filiale einer Metzgereikette aus Bietigheim-Bissingen. Am Montag wurde dessen Geschäftsführer und Inhaber vom Amtsgericht Besigheim zur Zahlung von 10 000 Euro verurteilt. Das Gericht ist überzeugt, dass der Mann fahrlässig gehandelt hat, er selbst hält sich für unschuldig.

Das Problem sei nicht, dass bei der Produktion der Würste ein Malheur passiert sei, sagte die Staatsanwältin, sondern dass der Geschäftsführer nicht alles getan habe, um zu verhindern, dass die Würste in den Handel kamen. Ein Mitarbeiter des Unternehmens hatte zugegeben, dass ihm am 14. April vorigen Jahres ein Messbecher in eine Rohfleischmasse von 80 Kilogramm gefallen war. Das Plastikgefäß war von einer Maschine klein gehäckselt worden.

Als er wenig später davon erfahren habe, so der Firmenchef, habe er sofort veranlasst, dass die betroffene Charge entsorgt werde. Er habe sogar nachgewogen, um sicherzustellen, dass die aus dem Verkehr gezogene Wurst der Produktionsmenge von 80 Kilogramm entsprach. „Ich war mir absolut sicher, dass nichts weggekommen sein konnte“, sagte der Chef der Metzgerei.

Genau das aber muss geschehen sein. Und die Staatsanwältin als auch die Richterin am Amtsgericht glauben zu wissen, warum trotzdem verunreinigte Würste in Umlauf gebracht worden sind: „Die Organisation in Ihrer Firma entspricht nicht der eines Metzgers dieser Größenordnung.“

Mehrere Zeugen hatten zuvor bestätigt, dass längst nicht alle Hygienevorschriften eingehalten werden und dass die Abläufe zwischen Produktion, Kühlung, Verpackung und Verkauf mitunter durcheinander geraten. „Die Firma wird regelmäßig von uns kontrolliert“, sagte ein Mitarbeiter der Lebensmittelkontrolle, „aber es ist dort immer relativ schwierig.“

„Wenn ich nur den leisesten Verdacht gehabt hätte, dass etwas durchgerutscht sein könnte, hätte ich alles auf den Kopf gestellt“, versicherte der 50-jährige Geschäftsführer. Das sei wohl ein Fehlschluss gewesen, meinte hierauf sein Verteidiger, aber man könne seinem Mandanten darum noch kein Fehlverhalten vorwerfen. Er plädierte für einen Freispruch.

Die Selbsteinschätzung des Beschuldigen sei „völlig unrealistisch“, sagte dagegen die Richterin in der Urteilsbegründung. Er habe die Betriebsabläufe in seinem Haus gekannt, er habe sich darum niemals ganz sicher sein können, dass die gesamte Charge entsorgt worden sei. „Sie hätten alle Beteiligten befragen können“, sagte die Richterin, „das waren nicht mehr als drei oder vier Personen.“ Am betreffenden Tag hätten diese Mitarbeiter ihm auch noch sagen können, was wohin gewandert ist. So aber wurden sie erst 14 Tage später befragt, nachdem eine Wurst mit einem Plastikstück in Stuttgart über die Theke gegangen war. Es sei nur glückliche Fügung, dass sich der Wurstesser nicht verletzt habe.

Der Geschäftsführer sei dazu verpflichtet gewesen, die Behörden zu informieren, die Verkäufer in den 22 Filialen über mögliche Probleme aufzuklären sowie die Kunden per Aushang darüber in Kenntnis zu setzen, dass es eine Panne bei der Wurstproduktion gegeben habe, sagte die Staatsanwältin. So aber habe er erst reagiert, als der Schadensfall gemeldet worden war. Damit habe er sich strafbar gemacht. Sie forderte ein Bußgeld von 21 000 Euro.

Auch die Richterin befand, der 50-Jährige habe fahrlässig gesundheitsgefährdende Waren in Umlauf gebracht. Zu seinen Gunsten spreche jedoch, dass es keine weiteren derartigen Vorfälle gegeben habe.