Betrüger umgehen den normalen Ticketverkauf und finden ihre Kunden im Internet. Foto: dpa

Drei Männer stehen vor dem Stuttgarter Landgericht, weil sie betrügerisch erlangte Online-Fahrkarten der Bahn AG verkauft haben sollen.

Stuttgart - Das Landgericht Stuttgart hat erneut mit einem Bahnticket-Betrugsfall zu tun. Drei 31, 27 und 25 Jahre alten Männer sollen die Bahn AG um rund 120 000 Euro geprellt haben.

Nachdem die Fallzahlen mit betrügerisch erlangten und weiterverkauften Online-Bahnfahrkarten in den letzten Jahren förmlich explodiert waren, gehen sie aufgrund der Gegenmaßnahmen der Bahn langsam zurück. 2011 hatte die Bahn noch 403 Betrugsfälle gezählt, 2012 waren es schon mehr als 17 000. 2013 listete die Bahn bereits 30 000 Betrügereien mit Online-Tickets auf.

Die drei Männer sollen in der Zeit von Juni 2014 bis Mai 2015 mehrere Hundert solcher Tickets verkauft haben. Am ersten Prozesstag vor der 16. Strafkammer wurden lediglich die Personalien der Angeklagten und ein Teil der Anklage verlesen. Wirklich verhandelt wird erst ab dem 18. November.

Die Masche ist weit verbreitet

Die Masche ist weit verbreitet und hat den Verantwortlichen der Bahn schon tiefe Sorgenfalten in die Stirn gegraben. Die Täter kaufen auf bestimmten Seiten im Internet, quasi auf einem Internet-Schwarzmarkt, für billiges Geld mehrere Konten, die auf gefälschte Namen angemeldet sind. Über diese Konten wickeln die Betrüger ihre Verkäufe ab. Auf einer anderen Internetplattform, dem sogenannten Darknet, kann man Kreditkartendaten kaufen, die Kriminelle von ahnungslosen Personen abgefischt haben. Auch diese Daten sind zum Teil für lächerliche fünf bis zehn Euro zu haben. Mit diesen Daten und erfundenen Adressen kaufen die Betrüger Online-Tickets bei der Bahn, um sie im Netz dann weiterzuverkaufen – erheblich billiger natürlich. Da ist ein Trip von Stuttgart nach Berlin für 40 Euro zu haben.

Wenn ein Kunde misstrauisch wird, bekommt er vordergründig plausible Erklärungen: Man habe überzählige Tickets aus Firmenrabatten oder man habe Angehörige bei der Bahn, die günstig an Tickets kommen. Die meisten Kunden, die die Billig-Tickets online kaufen, fragen aber nicht.

Der reguläre Ticketpreis wird den ahnungslosen Kreditkarteninhabern, die nirgendwo hingefahren sind, abgebucht. Diese fordern – zu Recht – ihr Geld zurück, die Bahn bezahlt, ein Anderer fährt mit dem Betrugsticket von A nach B.

Manche betreiben den Betrug als Sport

Naheliegenderweise fahren die meisten Betrüger diese Masche, um sich zu bereichern. Es gibt allerdings auch junge Internet-Freaks, die den Betrug mit Online-Fahrkarten eher als Sport begreifen. Mit einem solchen Fall hatte es das Landgericht Stuttgart auch schon zu tun.

Ein junger Mann aus dem Karlsruher Raum war mangels richtiger Freundschaften schon früh in die virtuelle Welt abgetaucht. Er sei früher viel gemobbt worden, er komme mit Menschen aus Fleisch und Blut nicht klar, so der Mann vor Gericht. Seine besorgten Eltern sperrten ihm den Internetzugang, er baute eine Umleitung und surfte weiter. Seine Kenntnisse waren bald so gut, dass er sogenanntes Penetration-Testing betrieb, also in die Computer von Unternehmen eindrang. „Das war wie ein Sport“, so der Angeklagte. So erlangte er Anerkennung in Internetforen, kam in Kontakt mit der Fraud-Szene (Fraud englisch für Betrug), besorgte einem Internetfreund Kreditkartendaten für den Online-Ticketbetrug und stieg in der Szene immer weiter auf. Das Geld, das er illegal verdiente, investierte der Bursche nicht etwa in Partys oder Autos – er kaufte EDV. Jetzt sitzt er im Gefängnis.