Leere Kirchen wegen fader Predigten? Foto: dpa

Ein Urteil wie ein Fallbeil: „80 Prozent der Pfarrer predigen schlecht“, sagt Martin Haar. Er ist regelmäßiger Gottesdienst-Besucher und Redakteur bei den Stuttgarter Nachrichten und wurde von Prälat Ulrich Mack gebeten, beim Workshop zum Thema „Gut predigen – aber wie?“ im Gemeindehaus St. Rupert am Hallschlag den Advocatus Diaboli zu spielen.

Stuttgart - Ein Urteil wie ein Fallbeil: „80 Prozent der Pfarrer predigen schlecht“, konstatiert vernichtend Martin Haar. Er ist außer einem regelmäßigen Gottesdienst-Besucher Redakteur bei den Stuttgarter Nachrichten und wurde von Prälat Ulrich Mack gebeten, beim Workshop zum Thema „Gut predigen – aber wie?“ am Donnerstag im Gemeindehaus St. Rupert am Hallschlag den Advocatus Diaboli zu spielen.

Denn es reicht nicht, fest im Glauben zu sein und Gott treu zu dienen, ein guter Pfarrer sollte auch das Handwerk der Rhetorik beherrschen. „Das bleibt oft ein frommer Wunsch“, bekannte Andrea Schneider, Rundfunk-Pfarrerin in Oldenburg und Moderatorin dieser Werkstatt.

Was erwarten die Gläubigen von einer guten Predigt? Darüber mussten die Gottesdienst-Besucher, die vor der Stiftskirche dazu befragt worden waren, nicht lange nachdenken: „Sie soll einen Bezug zum Alltag haben. Lebensnah sein. Sie soll mich zum Nachdenken bringen. Klarheit und Wahrheit vermitteln. Mir etwas mitgeben, das Tiefgang hat. Gute Gedankenanstöße. Von Herzblut und Geist getragen sein. Sie soll nicht wischi-waschi sein. Und bitte nicht zu lang.“

Eine lange Liste von Wünschen, die oft unerfüllt bleiben. Werden die Kirchen deswegen immer leerer? „Wir wissen, dass Menschen oft wegen der Predigt in den Gottesdienst kommen und andere genau deshalb nicht“, berichtete Ulrich Mack. Und dann gebe es noch die Gläubigen, die trotz der Predigt in den Gottesdienst kommen. Und dann gottergeben vermutlich leise das Stoßgebet murmeln: „Herr, mach ein Ende.“

Was macht nun eine gute Predigt aus? „Sie nimmt den Text ernst, ist verständlich und relevant“, betonte Elke Maihöfer, Pfarrerin der Jakobusgemeinde in Tübingen, die sich über ein volles Gotteshaus freuen darf und der Martin Haar auch aus Erfahrung explizit Beifall zollte. Oder sind es gute Geschichten, die in Erinnerung bleiben, wie es die Prädikantin (Laienpredigerin) Christel Hausding und ihr Mann immer wieder erleben? Die Kunst des Storytelling, die Martin Haar in seiner Philippika gegen schlechte Prediger anmahnte?

Ihm sei die Exegese des Bibelwortes lieber als das narrative Predigen, bekannte Pastor Carsten Hokema und setzte noch einen spirituellen Akzent oben drauf: „Der Horizont Gottes soll aufleuchten.“ Elke Maihöfer nickte: „Ich vertraue auf Gottes Geist und was er sagen will.“

Prälat Ulrich Mack hatte diesen Workshop initiiert, weil er bemerkte, dass sich die Kollegen kaum über dieses Thema austauschen. Gerade das halte er für wichtig, denn „ich versuche in aller Schwachheit den Verkündigungsauftrag zu erfüllen, der mir gegeben ist – mit Nachdenken, Ringen um die richtigen Worte und Beten“.

„Wer etwas bewirken will, muss gute Worte finden“, zitierte Martin Haar Kurt Masur. Verständlich und ohne Phrasen. Denn schon Martin Luther forderte: „Fasse dich kurz.“