Das Mittagessen ist ein entscheidender Faktor im Ganztagsbetrieb. Foto: dpa

Kultusministerin Susanne Eisenmann will mit einem verbindlichen Qualitätsrahmen die Attraktivität von verpflichtenden Angeboten steigern. Gleichzeitig soll das Land wieder Horte mitfinanzieren.

Stuttgart - Bei der Betreuung von Schulkindern und dem verpflichtenden Ganztagsbetrieb versucht Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) den Spagat. Sie will den rhythmisierten Ganztagsbetrieb, bei dem sich Unterricht und längere Pausen für Bewegung und Projekte abwechseln, und gleichzeitig soll das Land wieder Zuschüsse geben, wenn Eltern ihre Kinder flexibel, etwa in Horten, betreuen lassen.

Eisenmann geht davon aus, dass die Ganztagsschulen durch Qualität überzeugen können. „Ganztagsschulen sind ein wichtiger, zentraler Baustein für bessere Leistungen der Schüler, ich möchte mich klar zum Ausbau bekennen“, sagte die Kultusministerin am Montag vor Schulbürgermeistern, Lehrern und Schulleitern beim Fachtag des Ministeriums zum Ganztag. „Die Eltern wollen einen erkennbaren Mehrwert von der Ganztagsschule“, so die Ministerin. Deshalb sollen vom Schuljahr 2019/20 an klare Qualitätsstandards für Ganztagsschulen mit verpflichtendem Angebot gelten. Das kündigte Eisenmann vor den rund 200 Teilnehmern an. Den Qualitätsrahmen setzt das Ministerium zusammen mit der Universität Heidelberg.

Ob der künftig verbindliche Qualitätsrahmen die Attraktivität steigern wird, bezweifelt Norbert Brugger, der Bildungsdezernent des Städtetags: „Die Vorgabe kann auf viele Schulen und Gemeinden abschreckend wirken.“ Dagegen lobt der Vertreter der Schulträger, dass das Kultusministerium die Verwaltung der Ganztagsschulen erheblich vereinfachen will. „Das war überfällig“, sagt Brugger. Beispielsweise sollen Ganztagsschulen ab dem Schuljahr 2019/20 zwei Monate mehr Zeit für die Endabrechnung bekommen. Schon im nächsten Schuljahr werden in ausgewählten Gemeinden Koordinierungsstellen erprobt.

Eisenmann erklärte auch, es sei das Ziel des Kultusministeriums, „mittelfristig den Ganztag in der Sekundarstufe eins gesetzlich zu verankern“. Sie nannte dabei vor allem die Klassenstufen fünf und sechs. Allerdings „geht dabei Qualität vor Schnelligkeit“. Doro Moritz, der Landesvorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), ist das zu unkonkret. Sie hatte auf klare Aussagen zum Ganztag in der Sekundarstufe eins gehofft.

Allen Bekenntnissen der Politik zum Ganztag zum Trotz ist die Nachfrage gering. „Wir werben und genehmigen, aber die Beantragungen sind im höchsten Maße zurückhaltend“, berichtete Eisenmann. „Die Eltern wollen Wahlfreiheit.“ Nur 33 Grundschulen sind reine Ganztagsschulen. Deshalb will die grün-schwarze Koalition „in den nächsten Monaten“ darüber beraten, wie die Betreuung etwa in Horten wieder durch den Staat gefördert werden kann. Am Rande der Veranstaltung sagte Eisenmann unserer Zeitung: „Der Einstieg in die Finanzierung der flexiblen Betreuung wäre wünschenswert ab 2019/20.“

Die FDP kritisiert, dass das Qualitätskonzept nur für verpflichtende Ganztagsschulen gelten solle. Die CDU lasse sich von den Grünen „über den Tisch ziehen“, so der Bildungsexperte Timm Kern. Für die Grünen erklärte Brigitte Lösch: „Wir sind davon überzeugt, dass ein einheitlicher Qualitätsrahmen mit verbindlichen Standards die Akzeptanz der gebunden Ganztagsschule noch weiter erhöhen wird.“