In den Messehallen der Intergastra geht es eher um Masse denn Klasse. Foto: Lichtgut/ Zweygarth

Die Branchenschau Intergastra meistert den Spagat von der Kantine bis zum Gourmetrestaurant. Lebensmittellieferanten und Großgerätehersteller zeigen alle zwei Jahre die Branchentrends.

Stuttgart - Wir wissen nie, was unsere Kunden wollen“, schreibt der Marketing-Experte Martin Schmitz den Gastronomen und Hoteliers ins Reservierungsbuch – mit doppelt unterstrichenem „nie“. Es wird aber auch niemand bestreiten, dass derjenige in der Branche am besten verdient, der das anbietet, wonach der Kunde fragt. Sprich im konkreten Fall: wie er sich betten will und worauf er Hunger hat. Auf der Fachmesse Intergastra, die alle zwei Jahre stattfindet, wollen Lieferanten aus dem Foodbereich, Gerätehersteller und Raumausstatter darauf Antworten geben. Und damit die Fachbesucher auch mental das nötige Rüstzeug mit auf den Weg bekommen, gibt es in Halle eins die „Konzeptwerkstatt“, auf deren Bühne Schmitz und Kollegen referieren.

Hier erfährt der interessierte Zuhörer, dass die Zeit der Kantine endgültig vorbei ist und die Reise stattdessen Richtung Kaffee-Bar geht. „Früher wollten die Menschen in der Mittagspause einfach nur satt werden“, erzählt Julia Butz von der Beraterfirma Foodvisions Foodservice Consulting und nennt die Stichwörter: „Fleisch, warm, viel, möglichst günstig.“ Heute dagegen würden mehrere Snacks über den Tag verteilt gegessen, „was auf die Hand, schick verpackt, gerne Superfood mit Zusatznutzen und danach ein Espresso.“

Der Brotsommelier offeriert Machostangen und Tussibaguettes

Wie das in der Praxis aussieht, davon kann man sich in Halle eins ein Bild machen. Das fällt so zweigeteilt aus, als bildeten das „Früher“ und das „Heute“ ein kulinarisches Paralleluniversum. Da gibt es zum einen hippe Produkte vom „Brotsommelier“ namens „Machostange“ und „Tussibaguette“, eingefärbt mit Holzkohleöl beziehungsweise roter Beete. Und da gibt es zum anderen die Salatmayonnaise im Litereimer und Rührei aus dem Tetrapack. Viele vorgefertigte Produkte scheinen vor allem den Zweck zu haben, Zeit zu sparen – und zwar dem Koch. Das gilt beispielsweise für den „Superburger“, ein durchgegarter und vorgewürzter Rinderpatty, der nach dem Motto „aufwärmen, fertig, los“ in drei Minuten fix und fertig angerichtet sein soll.

Die Intergastra ist auch ein (unfreiwilliger) Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen. So ist inzwischen die Systemgastronomie auch bei den Garküchen angekommen, wie der Stand der „Thai System Gastro“ zeigt. Und die Nachbarn mit ihren „Halal Türkische Fertiggerichten – die Nummer eins in Europa“ beweisen, dass selbst in türkischen Haushalten die Mutter nicht mehr unbedingt in der Küche stehen muss.

Wer rettet den Ruf der Gastronomie? Die Italiener, glaubt der Fernsehkoch Ralf Jakumeit, der mit seinem Irokesenschnitt ein beliebtes Selfie-Motiv für angehende Konditorinnen ist. Zwischendurch kocht er am Stand eines Großgeräteherstellers und belegt seine Theorie mit einem aktuellen Beispiel aus Bozen. Dort hat vor wenigen Wochen das „Italia & AMore“ eröffnet, das auf sechs Stockwerken ausgesuchte Ware verkauft vom Wein über Gemüse und Pasta bis zum Fisch und in mehreren Restaurants auf Wunsch auch gleich zu bereitet. „Frische Produkte. Was aus ist, ist aus“, beschreibt Jakumeit die Philosophie hinter diesem Zwitter aus Laden und Lokal. Die Kunden wüssten das zu schätzen, meint er.

19 verschiedene tiefgekühlte Strudel sind im Angebot

Das eigentliche Herz der Intergastra schlägt unterdessen in Halle zwei, der Ordermesse, zu der Großkunden etwa von Omega Sorg Zutritt haben. „Nur Fachpresse!“, entscheidet der unnachgiebige Statthalter des Veranstalters. Wer den Katalog durchblättert, könnte ahnen warum. Allein neunerlei Tiefkühl-Rösti stehen auf der Liste, 14 Sorten Eierpfannkuchen kommen aus der Kälte, 19 Strudel, aber auch der vegane Grünkohl-Hanf-Burger oder die Bulgur-Curry-Pfanne. Die Convenience-Branche hat ihre Hausaufgaben anscheinend gemacht. Wer will da noch sicher sein, dass im Streetfood-Truck selbst gebrutzelt wird?

Bleibt am Ende die Spitzengastronomie. Bei der Nacht der Sterne am Montag im Mercedes-Museum sind unter rund 900 Gästen 180 Sterneköche aus Deutschland und den Nachbarländern. Das ist eine einmalige Ballung an Koch-Kompetenz, eingeladen vom Champagnerproduzenten Laurent Perrier und der „AHGZ“, der „Aktuellen Hotel- und Gastronomiezeitung“ und bestens bekocht von Rolf Straubinger von Burg Staufeneck in Salach.

„Ich schaue nie nach Trends. Bei mir ist das Produkt die tagtägliche Inspiration“, sagt Sven Elverfeld vom Aqua aus Wolfsburg. Der Dreisternekoch steht auf Rang eins des aktuellen Hornstein-Rankings, punktgleich mit Torsten Michel, dem Nachfolger von Harald Wohlfahrt in der Schwarzwaldstube im Hotel Traube Tonbach in Baiersbronn. Michel setzt unbeirrt auf die klassische französische Küche. „Da liegen unsere Wurzeln“, sagt er. Freilich dürfe sie nicht altbacken werden. Als Sinnbild nimmt er die Elbphilharmonie: „Das ist ein wunderschönes Gebäude auf dem neustem Stand der Technik. Und doch spielen sie neben modernen Stücken hier auch Mozart und Beethoven.“