Willkommen in der neuen Heimat: Das Empfangskomitee begrüßt die ersten italienischen Fachkräfte am Stuttgarter Flughafen Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Deutschland braucht Fachkräfte. Der Klinikverbund Südwest wirbt auch in Italien an. Die ersten Krankenpflegerinnen und Pfleger sind jetzt am Stuttgarter Flughafen angekommen – der Start in ein neues Leben.

Stuttgart - Die Technik zögert den großen Moment noch etwas hinaus. Wegen eines Defekts bei der Gepäckausgabe verbringen vier junge Leute aus Italien die erste Stunde in ihrer neuen Heimat Deutschland am Förderband des Stuttgarter Flughafens. Als ob die Spannung nicht schon groß genug wäre.

Wie zehn andere studierte Pflegekräfte sind Paola, Rossella, Massimiliano und Fabrizio am Sonntagabend in Stuttgart angekommen. Fachkräfte werden dringend gesucht – und der Klinikverbund Südwest aus Sindelfingen hat für seine Krankenhäuser einige davon südlich der Alpen gefunden. In Italien ist die Lage schlecht, die Kandidaten stehen Schlange. Wer bei einer Bewerbungsrunde in Neapel ausgesucht worden ist, betritt an diesem Sonntag Neuland. Sprachkurse, Praxiserfahrungen und die Anerkennung durch das Regierungspräsidium stehen in den nächsten Monaten an. Danach sollen die jungen Leute so weit sein, dauerhaft in Deutschland bleiben zu können.

Jetzt aber warten sie erst einmal hinter der Scheibe. Das Empfangskomitee tritt aufgeregt von einem Bein aufs andere. Vom Klinikverbund sind Personalleiter Roland Ott und Kerstin Franz, die für die Personalgewinnung verantwortlich ist, gekommen. Vom Internationalen Bund (IB), der für die Anwerbung zuständig ist, stehen Programmgeschäftsführer Gerardo Cardiello und Katia Baiamonte in der Halle. „Wir sind froh, dass unsere Leute endlich hier sind“, sagt Kerstin Franz. Fehlen bloß die Koffer.

Start ins neue Leben

Als sich die Türen endlich öffnen, strahlen dem Empfangskomitee vier erwartungsfrohe Augenpaare entgegen. Jeder hat zwei Koffer dabei. Das muss genügen für den Start in ein neues Leben in Deutschland. „Der Abschied zu Hause war sehr emotional. Ich bin sehr aufgeregt“, sagt Paola d’ Angelo. Die 24-Jährige aus Rom weiß, dass sie gerade einen völlig neuen Abschnitt einläutet: „Man wird sich bewusst, dass jetzt ein neues Leben beginnt. Und man fragt sich, was einen wohl erwartet.“

Der Abschied von der Familie ist allen schwergefallen. „Ich war so durcheinander, dass ich am Schluss nicht mehr wusste, was ich noch alles in meinen Koffer packen muss“, erzählt Fabrizio Raineri. Massimiliano De Simone versucht schon, ein paar Brocken Deutsch zu sprechen, die er sich selbst beigebracht hat. Auch er ist hoffnungsvoll und angespannt zugleich. „Ich bin zum ersten Mal in Deutschland. Die Kultur hier wird für mich eine große Überraschung sein“, sagt der Mann aus Mittelitalien.

Am späten Sonntagabend landen weitere der 14 ausgewählten Kandidaten mit Fliegern aus Neapel, Mailand und Catania. Einer ist bereits am Mittag eingetroffen – nach einer 24-stündigen Zugfahrt aus dem süditalienischen Bari. Alle treffen sich zunächst im Vaihinger IB-Hotel. Dort verbringen die jungen Leute die ersten Tage. Am Mittwoch wird es einen Willkommensabend geben, bei dem sie ihre Verträge unterschreiben. Die erste Woche ist der Akklimatisierung im neuen Land gewidmet.

Deutsches Essen ist berühmt-berüchtigt

Als die Truppe aus dem Auto steigt, weht ihr ein eisiger Wind um die Nasen. „Schade, dass der Schnee schon geschmolzen ist“, sagt Cardiello und lacht. In den Zimmern finden sich die Neuankömmlinge schnell zusammen. Sie haben sich erst kurz zuvor im Flieger kennengelernt. Die ersten Tage werden sie gemeinsam ihre neue Umgebung erkunden. Fabrizio Raineri fürchtet sich nicht davor – auch nicht vor dem deutschen Essen, in Italien berühmt-berüchtigt: „Kein Problem. Ich probiere gerne etwas Neues aus.“

Diese Einstellung brauchen alle, wollen sie es in Deutschland schaffen. Ein wichtiger Moment steht ihnen am Donnerstag bevor: Dann lernen sie ihre Gastfamilien kennen, bei denen sie vom Wochenende an die ersten Monate leben werden. Der Klinikverbund hat sich das gewünscht, damit die Neulinge schnell Anschluss finden. Erst ein neues Land, dann eine neue Familie – ein merkwürdiges Gefühl. Doch Massimiliano ist davor nicht bange: „Die Situation wird für die Familie genauso neu sein wie für mich. Wir werden uns aufeinander einstellen.“

Der erste Schritt ist jetzt getan. Selbst die Technik am Stuttgarter Flughafen hat daran nichts ändern können.