Kinder mit und ohne Behinderung sind Teil der Gruppe. Foto: IMAGO/Funke Foto Services/MartinxMöller

Seit 2020 werden in Stuttgart an ausgewählten Kitas Inklusionskräfte fest angestellt. Sie sind Teil des Teams. Was macht das für einen Unterschied? Die Stadt zieht Bilanz.

Wie kann man erreichen, dass Inklusion in der Kita besser funktioniert? Die Stadt Stuttgart hat vier Jahre lang an sechs Einrichtungen ein besonderes Modell erprobt, genannt „Kita S-Plus“. An diesen Kitas sind die Inklusionsfachkräfte fest angestellt. Sie haben einen besonderen Blick auf Kinder mit Behinderung und bringen ihr Wissen im Team ein. Hintergrund war, dass es immer schwieriger für die Kitas wurde, Honorarkräfte für die Begleitung zu finden. Es gab auch Elternbeschwerden, weil die Kräfte so häufig absprangen.

 

Nun wurde im im Jugendhilfeausschuss Bilanz gezogen – eine positive. Das Modell Kita S-Plus „ist ein Erfolg, weil hier Inklusion im besten Sinne gelebt werden kann“, so Bildungsbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP). Kinder mit besonderen Herausforderungen würden die Unterstützung erfahren, die sie brauchten. Aber auch die Kinder, die diese Unterstützung nicht benötigten, könnten viel Aufmerksamkeit und Förderung erhalten. „Das ist eine Win-Win-Situation“, betonte Fezer.

Betreute Kinder machten große Fortschritte

Auch im Abschlussbericht zu dem Modellprojekt wird dies deutlich. So bescheinigt die Evaluation durch die Universität Bamberg den Kitas S-Plus eine hohe Qualität, diese leisteten einen wesentlichen Beitrag für die Teilhabe und Förderung von Kindern mit Behinderung in Stuttgart. Das Besondere an dem Ansatz der S-Plus-Kitas: Hier soll sich nicht das Kind dem System, sondern das System dem Kind anpassen.

Auch die Einrichtungen selbst haben rückgemeldet, dass sich die Qualität in der Betreuung und Förderung der Kinder durch die Festanstellung erhöht habe. Eine Kita gab an, bei allen Kindern mit Behinderung sei „ein enormer Fortschritt verzeichnet“ worden. „Und nicht nur diese Kinder haben davon profitiert, sondern alle Kinder“, wird die Einrichtung im Abschlussbericht zitiert. Während es Kitas gab, die berichteten, dass die inklusive Ausrichtung „von allen Eltern als sehr positiv wahrgenommen“ wurde, mussten andere Ängste nehmen. So berichtete eine Leitung, sie hätten Kita-Eltern beruhigen müssen, da diese das Thema Inklusion „zeitweise sehr kritisch“ gesehen hätten. Eine gute Begleitung und Einbindung aller Eltern sei wichtig, heißt es im Bericht.

Bürgermeisterin Isabel Fezer sieht eine „Win-Win-Situation“. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Besonders positiv ist die Rückmeldung einer Familie eines Kindes mit Behinderung: „Wir haben erleben dürfen, dass Inklusion hier nicht nur ein Wort ist, sondern selbstverständlich und natürlich gelebt wird.“ Ihr Sohn sei nie ausgeschlossen oder benachteiligt, sondern immer ein Teil der Gruppe gewesen.

Inzwischen gibt es 54 S-Plus-Plätze an zwölf Kitas

Die Mehrheit der Kinder auf einem S-Plus-Platz hatte mehr als eine Diagnose, bei rund 57 Prozent wurden sogar komplexe Behinderungsarten diagnostiziert. Rund zwei Drittel der Kinder (76 Prozent) hatten einen Förderbedarf in Bezug auf das Sozialverhalten, 64 Prozent im Bereich Sprache und 57 Prozent in der geistigen Entwicklung. 26 Prozent waren motorisch beeinträchtigt.

Die Kitas S-Plus sind übrigens keine Schwerpunktkitas, in denen zahlenmäßig besonders viele Kinder mit Behinderung betreut werden. Zusammen haben die sechs Modellkitas, die 2020 starteten, 27 Plätze für Kinder mit Förderbedarf gestellt – innerhalb von vier Jahren haben 42 Kinder davon profitiert. 2024 kamen weitere sechs Kitas in weiteren Stadtbezirken mit zunächst 52, seit diesem Jahr 54 inklusiven Plätze.

Weil sich gezeigt hatte, dass der Stellenanteil pro Kind zunächst zu niedrig angesetzt worden war, wurde dieser von 20 Prozent auf 35 Prozent pro Kind erhöht. Statt für fünf ist eine Inklusionskraft inzwischen also für etwa drei Kinder zuständig. Das reicht offenbar in den allermeisten Fällen aus, aber nicht in jedem Fall. Bei manchen Kindern, gerade bei solchen mit Autismus-Spektrums-Störung, werde auch in einer S-Plus-Kita eine Einzelförderung nötig, wenn diese zum Beispiel mit selbst- oder fremdgefährdendem Verhalten einher geht, so die Erfahrung der Modelleinrichtungen. Hier prüft das Jugendamt gerade, wie in solchen Fällen zu verfahren ist.