Immer mehr Lehrern im Südwesten fehlt die entsprechende Ausbildung. Foto: dpa

Bundesweit werden händeringend Lehrer gesucht. Im Südwesten greift das Land notgedrungen auf Lehrer zurück, die keine vollständige Ausbildung haben. Sie sollen aber die Ausnahme bleiben.

Stuttgart - Wegen des Lehrermangels unterrichten an Baden-Württembergs Schulen immer mehr Menschen, die dafür nicht die entsprechende Ausbildung haben. Im laufenden Schuljahr betrifft das 1438 Lehrer. Damit ist die Zahl gestiegen: Im Schuljahr 2017/2018 gab es noch 1122 Lehrer ohne die vorgesehene Ausbildung, 2016/2017 waren es 837 Lehrer. Das Kultusministerium in Stuttgart bestätigte Angaben der Zeitungen „Heilbronner Stimme“ und „Mannheimer Morgen“ vom Mittwoch. Im Südwesten gibt es einen Lehrermangel, insbesondere fehlen Pädagogen an Grundschulen auf dem Land.

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sagte den Zeitungen: „In Baden-Württemberg ist die Beschäftigung von Lehrkräften, die keine originäre Lehrerausbildung mitbringen, die Ausnahme. Sie ist nur vorübergehend möglich und nur auf Basis befristeter Verträge.“ Für die grün-schwarze Landesregierung sei es keine Option, Lehrer ohne die entsprechende Ausbildung dauerhaft in den Schuldienst einzustellen. In Baden-Württemberg unterrichten an den öffentlichen allgemeinen und beruflichen Schulen aktuell rund 117.000 Lehrer.

Stellen schlecht bezahlt

Die SPD forderte die Landesregierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) auf, sich mehr um die Belange der Lehrer ohne Qualifikation zu kümmern. Bislang hingen sie in ihren befristeten und oft auch nicht besonders gut bezahlten Stellen fest, sagte der SPD-Bildungsexperte im Landtag, Stefan Fulst-Blei. „Vor allem diejenigen mit mindestens einem Bachelor-Studium sowie diejenigen in der Tätigkeit von Fachlehrkräften und technischen Lehrkräften könnten an den Seminaren berufsbegleitend weitergebildet werden.“

Wie eine Ministeriumssprecherin erklärte, handelt es sich häufig um Menschen, die zwar eine Lehrerausbildung mitbringen, diese aber nur teilweise abgeschlossen haben. Zum Beispiel hätten sie ein Lehramtsstudium absolviert, aber kein Referendariat. Manche bräuchten auch eine Ausbildung im pädagogischen Bereich mit. An den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren - das sind die früheren Sonderschulen - gebe es zum Beispiel Logopäden, Gesundheitspädagogen und Sozialpädagogen als Lehrer.

Fast 1500 Lehrer betroffen

An den beruflichen Schulen handele es sich oft um Menschen mit einschlägiger Berufserfahrung und Technikerprüfung. Viele Lehrer mit unvollständiger Ausbildung gibt es auch in den sogenannten Vorbereitungsklassen, in denen junge Flüchtlinge Deutsch lernen. Allerdings führt das Ministerium nach eigenen Angaben keine Statistik darüber, welche Vorbildungen solche „Aushilfslehrer“ mitbringen. Diese Informationen gebe es nur in den Regierungspräsidien - und es sei nicht möglich gewesen, diese Akten auf die Schnelle auszuwerten.

Die 1438 Lehrer ohne Lehrerausbildung besetzen im laufenden Schuljahr 813 Stellen. Davon sind an den Grund-, Haupt- und Werkrealschulen 275 Personen beschäftigt, an den Realschulen 32 und an den Gymnasien 5. An den Gemeinschaftsschulen sind es 71, an den Beruflichen Schulen 302 und an den Sonderschulen 99. 654 Lehrer sind nicht auf eine Schulart festgelegt.