Facebook führt den neuen EU-Datenschutz ein. Das Geschäftsmodell ändert das nicht. Foto: dpa

Die Datenkrake macht auf Datenschutz – aus Angst vor Strafen und sinkenden Werbegeldern. Die Politik sollte sich davon nicht blenden lassen, meint Daniel Gräfe.

Stuttgart - Wenn Facebook schon vor dem 25. Mai den neuen EU-Datenschutz für seine Plattform anwendet, hat das wenig mit Überzeugung zu tun. Zum einen kann das Netzwerk die Regeln in der Praxis testen und gegebenenfalls neu justieren. Denn im schlimmsten Fall droht Facebook eine Strafe in Höhe von vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes – also weit über eine Milliarde Euro. Vor allem aber will Facebook nach dem jüngsten Datenskandal Vertrauen aufbauen.

Auch hier spielt Nächstenliebe sicherlich keine Rolle. Hier geht es um das Image, das in den vergangenen Wochen massiv gelitten hat. Und damit um das Werbegeld, das fast zur Gänze Facebooks Geschäftsmodell ausmacht. Erste Kunden haben Werbegelder bereits storniert, außerdem will kein Unternehmen der Welt seine Marke in einem umstrittenen Umfeld platzieren. Deshalb ist jedes Signal der Besserung vor allem an die Werbekunden gerichtet.

Der Datenschutz wird Facebook das Geschäftsmodell nicht vermiesen

Dass der strengere Datenschutz Facebook das Geschäftsmodell vermiesen könnte, ist nicht zu erwarten. Am Ende stehen Facebook ein paar Nutzerdaten weniger zur Verfügung – falls die Verbraucher die Weitergabe ihrer persönlichen Daten überhaupt einschränken wollen. Aber auch so sind es genügend, um das Leben der Nutzer auszuleuchten, um sie daraufhin mit individuellen Werbebotschaften zu beglücken. Auch deshalb kann Facebook es sich leisten, den EU-Datenschutz weltweit anzuwenden. Gleichzeitig kann sich der Datenriese damit auch den Mehraufwand für Landesregeln zum Teil sparen.

Was Facebook derzeit am meisten fürchtet, ist die Regulierung. In den USA wächst der politische Druck, wie die Anhörungen von Facebook-Chef Mark Zuckerberg zeigen. Und in der EU hat Justizkommissarin Vera Jourova Facebook weiter im Visier. Auch deshalb gibt sich Zuckerberg zunehmend als besorgter Datenschützer.

An seinem Geschäftsmodell rüttelt Facebook dagegen um keinen Deut. Da geht der Konzern sogar das erstaunliche Wagnis ein, ausgerechnet jetzt in Europa die umstrittene Gesichtserkennung zu aktivieren , um die Nutzer noch genauer zu erfassen. Genau dies muss der Politik eine weitere Warnung sein: Was sie nicht reguliert, wird Facebook nicht von sich aus machen.