Alles kein Spaß: Die Polizei musste am 30. Juni eine verbotene Facebook-Party in Backnang auf lösen – jetzt ging der Urheber einer geplanten Nachfolgeveranstaltung ins Netz. Foto: dpa

Fellbacher (15) lädt zur Facebook-Party: Schon wer Aufläufe auslösen will, soll verfolgt werden.

Backnang/Stuttgart - Es ist nicht so, dass er überhaupt nicht mitbekommen hätte, wie sehr die erste verbotene Party im Plattenwald in Backnang (Rems-Murr-Kreis) ausgeufert war. „SoFail“, so sein Pseudonym, wollte eine zweite Auflage am 27. Juli in Backnang starten. „Plattenwald wird zerstört“, gab er im Netzwerk Facebook als Motto aus, während man in der Stadt noch über die erste verbotene Veranstaltung mit drei Verletzten, über 20 Straftaten und Einsatzkosten von über 140.000 Euro entsetzt war. Unrechtsbewusstsein? „Die bekommen mich schon nicht“, tönte SoFail.

Jetzt ist der 15-Jährige aus Fellbach enttarnt – und erheblich kleinlauter: „Ich wurde gerade von der Polizei aufgesucht“, verkündete er über seine Facebook-Seite am Dienstag. Und zeigt sich plötzlich geläutert: „Wenn ihr euch eine fette Geldstrafe ersparen wollt, dann rate ich euch: Geht nicht zur Party!“ Die Stadt Backnang hat die zweite Massenversammlung im Plattenwald längst verboten und droht Teilnehmern mit Bußgeldern von bis zu 5000 Euro.

Mehr als 5000 Zusagen gab es bereits für die nächste Project-X-Party – benannt nach einem Kinofilm, bei dem eine kleine Geburtsparty vollkommen aus dem Ruder läuft. Dann wurde der 15-Jährige von seinem Vater Anfang Juli erwischt – und musste die Seite vom Netz nehmen. Zu spät. Der Ball wird im Schneeballsystem längst weitergespielt. Etwa von einem Miki M., der auch Warnungen von Verwandten in den Wind schlägt: „Die Party ist eh durch Polizisten gesichert, also denke ich vor allem, dass es nur minimal zu Stress kommt. Egal, jetzt werden wir sehen, was da passiert.“

Der 15-Jährige aus Fellbach sieht großem Ärger entgegen. „Wir werden ein Exempel statuieren und alles unternehmen, um den Verursachern die Kosten aufzulegen“, sagt Hannes Östreich von der Stadt Backnang.

Unnachgiebig Verfolgung der Straftäter

Auch die Polizei rückt ab von einem defensiven, an die Vernunft der Teilnehmer ausgerichteten Einsatzkonzept: „Ein frühzeitigeres und konsequenteres Einschreiten, auch gegenüber jugendlichen Teilnehmern, ist leider unabdingbar“, so Ralf Michelfelder, Leiter der Polizeidirektion Waiblingen. Sachbeschädigungen, Körperverletzungen, Beleidigungen und Landfriedensbruch gab es beim ersten Mal am 30. Juni. Sechs Täter wurden ermittelt.

Wer solche Aufläufe per Facebook auszulösen versucht, soll ebenfalls unnachgiebig verfolgt werden. „Wir betreten da ein Stück weit Neuland“, sagt Günter Loos, Sprecher des Innenministeriums, „aber wir werden das durchziehen.“ Für den 15-Jährigen könnte die Staatsanwaltschaft wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten ermitteln. Dabei kann er als Anstifter „gleich einem Täter“ bestraft werden. Das wäre bei dem 15-Jährigen aus Fellbach („Plattenwald wird zerstört“) genauso der Fall wie bei einem erwischten 16-Jährigen, der „Benningen kaputt feiern“ wollte.

Bei unter 16-Jährigen sind Erziehungsberechtigte in Haftung

Besonders teuer wird die Haftung für den Urheber: Die Waiblinger Polizei, die sich seit Donnerstag mit dem Regierungspräsidium abstimmt, setzt dabei auf Paragraf 6 des Polizeigesetzes, der Maßnahmen gegen Verursacher von Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung regelt. Demnach sind bei unter 16-Jährigen die Erziehungsberechtigten in der Haftung. In Paragraf 8 des Polizeigesetzes heißt es außerdem: „Entstehen der Polizei durch die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme Kosten, so sind die betroffenen Personen zu deren Ersatz verpflichtet.“ Das Geld soll „im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben werden“. Der Urheber der ersten Party, der unter dem Pseudonym „Markus Hinderer“ allerdings noch unbekannt ist, muss mit 140.000 Euro Kosten für Polizei, Feuerwehr, DRK, THW und Stadtreinigung rechnen.

In Ulm rechnet die Polizei noch einmal ganz genau. 60.000 Euro waren die geschätzten Kosten für eine von der Polizei verhinderte Facebook-Party. Die genauen Gebühren sollen jetzt einem 22-Jährigen aus Langenau in Rechnung gestellt werden. „Das wird fundiert geprüft, um es verwaltungsrechtlich durchsetzen zu können“, sagt der Ulmer Polizeisprecher Reiner Durst.

Teures Nachspiel

Dabei hatten weitaus harmlosere Veranstaltungen eine teures Nachspiel. Ein 24-jähriger Freiburger Student hatte 2008 eine Kissenschlacht auf dem Augustinerplatz organisiert – ein sogenannter Flashmob, bei dem 300 Teilnehmer auf ein Signal hin eine 15-minütige Federschlacht austrugen. Ein schöner Spaß – allerdings erwies sich später die Reinigung der Straßen in der Stadtmitte als sehr aufwendig. Feuerwehr und Stadtreinigung veranschlagten 1700 Euro Kosten, für die der Student aufkommen musste.

Eine bittere Lehre für den 24-Jährigen. Die 500 Euro an die Feuerwehr zahlte er aus eigener Tasche, die 1200 Euro für die Stadtreinigung kamen über ein Spendenmodell zusammen. Der Student leistete Arbeitsstunden, stotterte den Betrag ab, der in Teilen an eine gemeinnützige Organisation gespendet wurde.