Sven Vollbrecht und hofft auf Mitbewerber auf den Waldschrat-Titel. Foto: Gerald Markert

Was als Jux begann, geht jetzt in die zweite Runde: Eine Facebook-Gruppe aus dem Norden des Rems-Murr-Kreises sucht den „Schwäbischen Waldschrat 2019“. Warum die Aktion in manchen Amtsstuben nicht so gerne gesehen ist:

Rems-Murr-Kreis - Seit zwölf Monaten taucht er immer wieder auf Festen im Norden des Rems-Murr-Kreises auf. Er kommt unangemeldet, direkt aus dem Walde und ist stolz darauf: Der bärtige, breitschultrige Waldschrat, zu erkennen am T-Shirt, auf dem der Titel „Schwäbischer Waldschrat 2018“ prangt. Die Mitglieder der Facebookgruppe „Rund um den Schwäbisch-Fränkischen Wald“ hatten den Backnanger Sven Vollbrecht vor einem Jahr zum inoffiziellen Repräsentanten der Region rund um Murrhardt gewählt.

In einer Facebook-Umfrage stimmten neulich mehr als 100 der Gruppenmitglieder dafür, auch für das Jahr 2019 eine Waldschrat-Wahl abzuhalten. Nur ein einziger war dagegen: Ausgerechnet der Bürgermeister von Althütte, Reinhold Sczuka. Das ist kein Zufall; der Waldschrat-Kult war nicht überall gerne gesehen. Denn der Schwäbische Wald hat bereits ein offizielles Aushängeschild: die Schwäbische Waldfee.

Der Bürgermeister von Großerlach springt für den Schrat in die Bresche

Seit gut sechs Jahren kürt die Fremdenverkehrsgemeinschaft Schwäbischer Wald eine junge Frau, die im Feenkostüm die Region bewirbt – zum Beispiel auf der Tourismusmesse CMT. Für ihre Mission wird sie nicht nur mit einem Outfit des Schorndorfer Modelabels Riani ausgestattet, sondern auch mit einem Mini-Cabrio als Dienstwagen. Ihre Auftritte bekommt sie bezahlt, ferner werden ihr Friseurtermine und ein Fotoshooting spendiert.

Ebendieser Dame, das fürchtete man bei der Fremdenverkehrsgemeinschaft und in einigen Rathäusern, könne der Waldschrat den Job wegnehmen, sie lächerlich machen oder kein angemessener Umgang für sie sein. „Man könnte den Titel ja auch so verstehen, dass es der Job des Waldschrats ist, anzuecken“, erklärt Sczuka im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Kluft ging so weit, dass der Schultes auf einem Event im Frühsommer ein gemeinsames Foto von Waldschrat und Waldfee unterband.

Dennoch gibt es den Schrat bis heute – auch, weil ein Kollege Sczukas für den inoffiziellen Waldbotschafter und die Facebook-Gruppe, die der Großerlacher Jan Vogel gegründet hat, in die Bresche sprang. „Christoph Jäger, der Bürgermeister von Großerlach, kennt uns und hat uns in Schutz genommen“, erzählt Vollbrecht. „Er wusste, wir meinen es gut. Wir haben uns mit ihm und Frau Schunter von der Fremdenverkehrsgemeinschaft zusammengesetzt und überlegt, wie wir uns nicht in die Quere kommen.“

Wer Schwäbischer Waldschrat werden will, sollte gut mit Menschen klarkommen

Schlussendlich hat sich gezeigt: Eine Koexistenz von Schrat und Fee ist möglich. Ersterer kann nicht offiziell gebucht, sondern nur auf privater Ebene eingeladen werden. „Er taucht nur da auf, wo er möchte – dem Naturell des Waldschrats entsprechend“, erklärt Sven Vollbrecht. „Ich ziehe eben mein Shirt an und zaubere den Leuten ein Lächeln ins Gesicht. Die eigentliche Aufgabe des Waldschrats, wenn es diese überhaupt gibt, ist es, die Facebookgruppe zu präsentieren.“

Ganz ausgeräumt sind Reinhold Sczukas Bedenken aber noch nicht: „Herr Vollbrecht hat das ja super gemacht. Aber der Titel ist nicht offiziell legitimiert – und es gibt keine Garantie, dass sein Nachfolger auch so gut ankommt.“

Wer das ist, steht freilich noch in den Sternen: Vollbrecht hat sich der Wiederwahl gestellt und hofft jetzt auf rege Konkurrenz. Es habe ihm viel Spaß gemacht, das Amt auszufüllen. „Die Leute freuen sich, wenn ich auftauche, und kommen her für ein Foto. Der Waldschrat darf die Öffentlichkeit nicht scheuen – und er sollte schratig sein“, sagt Vollbrecht, auch mit Blick auf seinen Nachfolger. Ein Ausschlusskriterium gibt es natürlich: Der Schrat sollte keine Frau sein. Denn eine – ganz offizielle – weibliche Repräsentantin des Schwäbischen Waldes gibt es ja bereits.