Das Face-Shield gibt es in zwei Ausführungen. Beide sind extrem leicht und können auch problemlos über einer Brille getragen werden. Foto: Campus Schwarzwald

Mitarbeiter der Uni Stuttgart, des Fraunhofer-Institut und des Campus Schwarzwald haben sogenannte Face-Shields entwickelt. Sie werden von Firmen im Schwarzwald gefertigt und haben Vorteile gegenüber den Mund-Nase-Masken zum Schutz vor dem Coronavirus.

Vaihingen - Die Mund-Nasen-Masken, die derzeit in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens getragen werden müssen, haben ein Problem: Sie schützen nicht die Augen. Doch auch über diese Schleimhäute kann das Coronavirus in den Körper gelangen. Zudem gibt es Menschen, die eine solche Maske nicht tragen können, weil sie die Atmung beeinträchtigen kann. Hier setzen die sogenannten Face-Shields an, das sind durchsichtige Schutzschilde, die das ganze Gesicht verdecken. Solche Schilde haben Mitarbeiter des Campus Schwarzwald, des Instituts für Industrielle Fertigung und Fabriktechnik (IFF) der Universität Stuttgart, des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), des Verpackungsexperten Koch Pac Systeme GmbH und des Vakuumspezialisten J. Schmalz GmbH gemeinsam entwickelt. Im Idealfall, sagt Jörg Siegert, stellvertretender Institutsleiter des IFF, sollte man beides tragen, das Face-Shield und eine Mund-Nasen-Maske. „Das wäre der wirksamste Schutz.“

Massenproduktion steht in den Startlöchern

Die Gesichtsschilde bestehen aus einer Plastikscheibe und einem Bügel, der das Schild am Kopf befestigt. Die Firma J. Schmalz fertigt den Bügel aus Kunststoff, die Firma Koch Pac-Systeme aus Draht. Die geringe Auflagefläche am Kopf mindert das Schwitzen. Zudem ist das Face-Shield extrem leicht und kann auch über einer Brille getragen werden. Die Kooperation mit den hiesigen Firmen hat Vorteile: Die Materialien sind aus Baden-Württemberg, das verhindere Lieferschwierigkeiten und garantiere Nachhaltigkeit, werben die Projektpartner. Und die Firmen, die sonst auf Kunststoffteile und Verpackungen spezialisiert sind, können in großer Stückzahl produzieren. „100 000 Stück die Woche sind möglich“, sagt Siegert. Die Maschinen der Firmen seien für die Schutzschildfertigung umgerüstet worden. Die Technik für die Massenproduktion sei bereit, sagt Thilo Schlegel vom IFF: „Die Maschinen sind da, wir könnten direkt loslegen.“ Allerdings warte man derzeit noch auf die Zertifizierung der Schilde nach PSA-Richtlinien. PSA steht für persönliche Schutzausrüstung, darunter fallen beispielsweise auch Sicherheitsschuhe oder Gehörschutz. Läuft alles nach Plan, könnte die Massenproduktion in der zweiten Juniwoche beginnen. „Wir wollen erst alle Zertifikate in den Händen halten, bevor wir anfangen“, sagt Siegert.

Es ist nicht die erste Kooperation zwischen der Uni sowie dem Fraunhofer-Institut in Stuttgart und dem Campus Schwarzwald. In den vergangenen Jahren habe man ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, sagt Stefan Bogenrieder, Geschäftsführer des Campus. „Jeder kennt die Kompetenzen des anderen. Die Idee aus Stuttgart ist schnell auf fruchtbaren Boden gefallen“, so Bogenrieder.

Die Krise in den Griff bekommen

Zum Einsatz kommen könnten die Face-Shields beispielsweise im Gesundheitsbereich, in Pflegeheimen oder im Rettungsdienst. Geplant ist, sie für einen Stückpreis von 2,50 Euro zu verkaufen. Bei gutem Absatz könnte der Preis vielleicht sogar sinken. Die Firmen wollen kein Geld damit verdienen, sagt Siegert. Bogenrieder ergänzt: „Es geht darum, wie die Gesellschaft dazu beitragen kann, die Krise in den Griff zu bekommen.“ Die Schutzschilde sollen auch in den Firmen, in denen sie gefertigt werden, zum Einsatz kommen.

Auch, wenn die Zahl der Ansteckungen mit dem Coronavirus derzeit abnehme, „ich halte die Annahme, dass das Schlimmste schon durch ist, für gefährlich“, sagt Siegert. Die Entspannung der Lage böte jetzt die Möglichkeit, die Ressourcen zu nutzen und sich auf den Herbst und Winter vorzubereiten, wenn sich das Virus unter Umständen wieder verstärkt verbreitet. Es gehe darum, möglichst viele Menschen zu schützen. Die Kooperationspartner wollen mit ihrem Projekt auch die Diskussion anregen, wie ein sinnvoller Schutz aussieht, wie Hygienestandards erhöht und umgesetzt werden können. Und nicht nur wegen des Coronavirus, sondern beispielsweise auch wegen der Grippe. Auch da sei eine bessere Hygiene sinnvoll, „die hohe Sterberate muss nicht sein“, sagt Siegert.