Hessens Wirtschaftsminister Al-Wazir, EZB-Chef Draghi und Frankfurts OB Feldmann (von links) durchtrennen das Band zur Eröffnung der EZB. Foto: dpa

Auf der Straße herrscht der Ausnahmezustand, derweil empfängt EZB-Präsident Mario Draghi eine Handvoll ausgewählter Gäste im Neubau im Frankfurter Ostend.

Frankfurt - Während draußen auf den Straßen der Stadt am Main der Mob tobt, versammelt sich im Osten der Bankenmetropole ein fast intimer Kreis. Dieser findet sich in dem mächtigen, an diesem Tag sonnendurchfluteten Gebäude der Europäischen Zentralbank ein. Gerade mal rund 80 Gäste hat Mario Draghi zur offiziellen Eröffnungsfeier der 1,3 Milliarden Euro teuren Doppeltürme geladen. Kein Champagner, keine klassische Musik, nur Saft und Kaffee.

Der Rahmen ist äußerst bescheiden, dafür dass hier eine der wichtigsten Institutionen in Europa ihr neues Zuhause einweiht. Kein Regierungschef, kein Finanzminister ist gekommen, auch der Chef der EU-Kommission fehlt. Topgäste aus der Politik sind Hessens stellvertretender Ministerpräsident Tarek Al-Wazir (Grüne) und Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD). Aus der Bankenszene sitzt allein Friedrich von Metzler vom gleichnamigen Bankhaus im Konferenzsaal in der ehemaligen Frankfurter Großmarkthalle.

Gut gelaunt hält Draghi die Eröffnungsrede

Trotz der gewalttätigen Proteste gut gelaunt hält Mario Draghi seine Eröffnungsrede und geht darin auf möglichst alle ein: auf die Demonstranten, die sagen, Europa tue zu wenig und es mangele an Solidarität. Auf die Populisten aus der anderen Ecke, die sagen, es passiere zu viel, und die zu mehr Nationalismus aufrufen. „In Wahrheit bieten aber beide keine Lösung für die aktuelle Lage“, so Draghi. Die EZB werde von frustrierten Bürgern kritisiert. Das sei nicht fair, „denn gerade unser Handeln zielt darauf, die wirtschaftlichen Schocks abzufedern“. Solidarität sei wichtig, so Draghi. Aber es sei auch wichtig, dass die Länder dafür verantwortlich sind, auf eigenen Füßen stehen zu können. „Das heißt aber nicht, dass sie allein gelassen werden.“

In seinem flammenden Plädoyer für die politische Integration in Europa erinnert Draghi auch an die Geschichte der ehemaligen Frankfurter Großmarkthalle, in der heute das Foyer und Veranstaltungsräume der neuen EZB sind. Von hier wurden in der Nazizeit 10 000 Juden aus Frankfurt in Konzentrationslager gebracht. „Ein demokratisches und friedliches Europa ist eine der wichtigsten Lektionen aus diesem dunklen Kapitel der Geschichte.“

Draghi plädiert am Mittwoch vehement für die wirtschaftliche Union, fordert die Stärkung der Rolle des Europäischen Parlamentes und damit der demokratischen Entscheidungswege in der Krisenpolitik.

Der Festakt dauert nur 45 MInuten

Auch, um die Demonstranten vor den Toren der EZB zu versöhnen und zu integrieren. Die Zentralbank werde dazu ihren Beitrag leisten und die Integrität und Stabilität des Euro sichern. „Er ist mehr als nur ein Mittel des Wandels. Eine Währung ist auch Teil der Identität der Menschen und zeigt ihre Gemeinsamkeiten, heute und in Zukunft.“

Auch Tarek Al-Wazir lobt die EZB. Sie sei das falsche Ziel der Proteste, so der Grüne, der aber auch die Sparpolitik kritisiert und mit Blick auf Griechenland dazu aufruft, dass beide Seiten mit Respekt miteinander sprechen sollten. Für die gewalttätigen Proteste, die während der Feier draußen an den Absperrungen unvermindert weitergehen, hat Al-Wazir kein Verständnis. „Alle haben das Recht zu demonstrieren, aber niemand hat das Recht, Autos anzuzünden und Steine zu werfen.“ Er verstehe allerdings auch nicht, dass Draghi lediglich eine Handvoll ausgewählter Journalisten geladen hat und selbst die Frankfurter Tageszeitungen aussperrt. „Seien Sie eine offene Institution.“

Gerade mal 45 Minuten dauert der vermeintliche Festakt. Draghi durchtrennt draußen vor dem Konferenzsaal symbolisch ein blaues Band. Und geht dann gemeinsam mit den an diesem Tag versammelten 25 Mitgliedern des EZB-Rates wieder der Arbeit zur Bewältigung der Krise nach. Währenddessen kreisen Hubschrauber über der Stadt.