Den Schaden nach dem Hagelschauer schätzt Adrian Hoffmeister auf 500 000 Euro. Eine Katastrophe, denn die Gärtnereien müssen sowieso schon ums Überleben kämpfen.
Plötzlich sei es dunkel geworden, es habe nur kurz getröpfelt und schon hätten die Einschläge begonnen, sagt Adrian Hoffmeister. Am vergangenen Freitag krachten Hagelkörner in der Größe von Golfbällen wie Geschosse auf die Dächer seiner Gewächshäuser, zerbarsten Glas, zerrissen Folien und zerstörten Blumen. Die meisten seiner 25 Mitarbeiter waren zu dieser Zeit in der Halle des Gartenbaubetriebs, einige wenige arbeiteten auf dem freien Feld und mussten in ein Auto flüchten, berichtet Hoffmeister. Hagelschäden gebe es bei Betrieben wie seinem immer mal wieder. „Aber so eine Zerstörung hatten wir noch nie.“
Gewächshäuser ähneln nach Hagelschauer einem Scherbenhaufen
Laut der Gartenbau-Versicherung stehen nach dem Hagelereignis rund 40 Gartenbaubetriebe im Rems-Murr-Kreis und im südöstlichen Landkreis Ludwigsburg vor einem wortwörtlichen Scherbenhaufen. Darunter sind die Gärtnereien Klein und Hegemann in Kornwestheim sowie Blumen Bürkle in Remseck. Der Betrieb von Adrian Hoffmeister in Ludwigsburg-Grünbühl hat es dabei am stärksten getroffen. Die Katastrophe kommt für die Betriebe zur Unzeit.
In Hoffmeisters Gewächshäusern klirren noch am Mittwoch immer wieder Scheiben zu Boden, unter jedem Schritt knirscht das gebrochene Glas. Rund 17 000 Quadratmeter seiner 22 000 Quadratmeter Betriebsfläche seien beschädigt – 500 000 Euro Schaden, schätzt Hoffmeister. Nicht nur die Häuser mit Glasdecke, auch die mit Foliendach seien kaputt. Nur einige neue Gewächshäuser mit Sicherheitsglas haben den Hagel überstanden.
Sogar Gärtner-Kollegen aus dem Schwarzwald kommen zur Unterstützung
Am Wochenende habe er direkt Unterstützung von Kollegen bekommen, einige Helfer seien sogar extra aus dem Schwarzwald angefahren. „Es ist ein ungeschriebenes Gesetz in der Branche, dass man sich bei Hagelschäden hilft“, sagt Hoffmeister. Trotz der Hilfe gibt es noch viel zu tun, beispielsweise müssen seine Mitarbeiter tausende Glasscherben aus den Beeten sammeln.
Zwei Kilometer weiter in Remseck betreibt Peter Bürkle seine gleichnamige Gärtnerei. Auch er sagt, dass er so einen Hagelschaden noch nie erlebt habe. „Die Hagelkörner sind wie Geschosse eingeschlagen. Die waren nicht rund, sondern hatten Zacken und sahen aus wie ein Coronavirus.“ Ein Teil seiner Mitarbeiter habe unter Tische kriechen müssen, um nicht vom Hagel und Scherben getroffen zu werden. 600 Scheiben seien in seinen zwölf Gewächshäusern zu Bruch gegangen, das Glas fiel in Beete und Blumen. Tausende Pflanzen seien zerstört worden oder hätten Splitter abbekommen, Bürkle musste sie alle wegschmeißen. „Es geht nicht anders, verkaufen kann ich die nicht mehr.“
Unklar, welchen Anteil die Versicherung am Hagelschaden übernimmt
Das Gewitter sei aus dem Schwarzwald über Leonberg in den Osten des Landkreises gewandert und habe sich dort entladen, sagt der regionale Wetterexperte Yannick Garbe. Hagel mit einem Durchmesser von fünf bis sechs Zentimetern wie am vergangenen Freitag sei außergewöhnlich, in der Region passiere das nur alle fünf Jahre und treffe dann immer nur einen kleinen Landstrich, sagt Garbe. Dieses Mal traf es einen Landstrich mit besonders vielen, besonders anfälligen Gärtnereibetrieben.
Seine Mitarbeiter seien das ganze Wochenende unterwegs gewesen, um Schäden in rund 40 Betrieben aufzunehmen, sagt der Vorstandsvorsitzende der Gartenbau-Versicherung Christian Senft. „Für die einzelnen Unternehmer ist das eine Katastrophe, die sie vielleicht nur einmal im ganzen Leben trifft.“ Welchen Anteil die Gartenbau-Versicherung an den Schäden übernimmt, steht noch nicht fest. Adrian Hoffmeister hofft, dass die Versicherung 350 000 Euro seiner rund 500 000 Euro Schaden deckt. Senft wagt keine Prognose, aber: „Unser Ziel ist es, jede Existenz zu sichern, kein Versicherter darf aufgrund des Hagels insolvent gehen.“
Hoffmeister und Bürkle hoffen nach Hagelschaden auf schnelle Reparaturen
Denn schon jetzt müssen nach Schätzungen der Gartenbau-Versicherung in Deutschland jährlich rund 350 Gartenbaubetriebe dichtmachen. Es fehlt am Nachwuchs, der die kleinen und mittleren Unternehmen weiterführt. Zudem müssten viele, traditionell am Stadtrand angesiedelte, Gärtnereien immer schneller wachsenden Wohngebieten weichen. Drittens steigt der Konkurrenzdruck durch Baumärkte und Supermärkte. Auch im Landkreis Ludwigsburg mussten in den vergangenen Jahren bereits mehrere Betriebe aufgeben. Adrian Hoffmeister kämpft aktuell besonders mit der Suche nach Arbeitskräften. Peter Bürkle belastet vor allem, dass immer weniger Menschen den Fachhandel aufsuchen und sich stattdessen in Supermärkten mit Pflanzen eindecken.
Trotz allem richtet sich der Blick der beiden Gärtner nach vorne. Für Hoffmeister und Bürkle gehen nun erst einmal die Aufräumarbeiten weiter: Scherben einsammeln, Pflanzen kompostieren und auf schnelle Reparaturen durch die Glaser hoffen. Glück bringen die zwar in keiner Weise, in den Ruin treiben sie die beiden Unternehmer aber glücklicherweise nicht.