Ein Tornado sorgte im Hamburger Stadtteil Farmsen am Dienstagabend für abgeknickte Bäume und abgedeckte Dächer. Foto: dpa

Am Dienstag ist ein Tornado durch Hamburg gefegt und hat große Schäden angerichtet. Das Wetterphänomen ist mittlerweile auch in Deutschland eine Gefahr. Wir haben Tipps von einem Experten, wie man sich im Ernstfall richtig verhält.  

Stuttgart - Tornados gehören zu den seltensten Wetterphänomenen in Deutschland, jetzt haben Amateurfilmer diese gleich zweimal festgehalten. Es sind Bilder, die man eigentlich nur aus den USA kennt, wo Tornados mit Geschwindigkeiten von bis zu 500 Kilometern pro Stunde ganze Landstriche verwüsten. Wenn aber alle Wetterbedingungen erfüllt sind, kann auch hierzulande ein Wirbelsturm für Schäden sorgen oder Menschenleben gefährden, wie Andreas Friedrich, Tornado-Experte beim Deutschen Wetterdienst (DWD), im Gespräch mit unserer Zeitung sagt. „Man kann davon ausgehen, dass es pro Jahr etwa fünf bis zehn Tornados in Deutschland gibt“, sagt Friedrich. Wie stark die in Norddeutschland beobachteten Tornados waren, sei derzeit noch offen. „Rückschlüsse können wir anhand der Zerstörung ziehen, nur wenn eine Wetterstation vom Tornado getroffen wird, haben wir konkrete Messdaten.“ Bei den gefilmten Stürmen in Hamburg und Schleswig-Holstein dürfte es sich jedenfalls um Tornados der Kategorie F1 oder F2 der Fujita-Skala handeln – das sind Windgeschwindigkeiten von 118 bis 250 Kilometer pro Stunde. Verheerende Tornados wie in den USA hat es laut Friedrich in Deutschland in Mecklenburg-Vorpommern und im heutigen Sachsen-Anhalt in den Jahren 1764 und 1801 gegeben.

Der Gefahr ausweichen

Das Wetterphänomen ist bedrohlich aber auch anziehend zugleich, wie die mit der Handykamera aufgenommenen Filmschnipsel zeigen: Ganz nah dran war ein Pärchen in Schleswig-Holstein, als sich zwei Tornados vereinten und auf das Auto zusteuerte, aus dem die beiden filmten. Das sei lebensgefährlicher Leichtsinn, kommentiert der Tornado-Fachmann das Verhalten des Filmers, der den Wagen sogar verließ, um das Spektakel besser einfangen zu können. Während in den USA bereits Kinder für die von Tornados ausgehenden Gefahren sensibilisiert werden, herrsche hierzulande Ahnungslosigkeit, so Friedrich. „Der Tornado hätte das Auto erfassen und durch die Luft schleudern können.“ Es drohe dann nicht nur Verletzungsgefahr, denn die Möglichkeit, von herumfliegenden Trümmern sogar getötet zu werden, sei hoch: „Das Auto kann zu einer tödlichen Falle werden“, warnt er.

Auch das seit Mittwoch kursierende Video vom Tornado, der im Hamburger Stadtteil Farmsen für Schäden sorgte, zeugt von dem Zerstörungspotenzial des in Deutschland glücklicherweise seltenen Wetterphänomens. Etwa auf dem Balkon stehen oder vom Fenster aus das Geschehen zu beobachten, sei ebenfalls purer Leichtsinn. Laut Friedrich gebe es nur eine Verhaltensregel und die laute Rückzug. „Der Gefahr unbedingt ausweichen!“ Am sichersten sei es in Häusern, möglichst im Keller.

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Wie ein Tornado entsteht

Damit ein Tornado entstehen kann, müssen verschiedene Bedingungen erfüllt sein, betont Friedrich: Gewitter- oder Schauerwolken mit hochaufgetürmten und zugleich tiefhängenden Wolken mit aufsteigender Luftbewegung seien wesentliche Voraussetzungen. Zudem müsse die Luft sehr feucht sein, damit der Rüssel aus kondensiertem Wasserdampf entstehen kann. Darüber hinaus spiele die Windscherung (Richtung und Geschwindigkeit) eine große Rolle, erst dann komme es zu einer rotierenden Windhose, weiß Friedrich.

Dass die Tornados jetzt gehäuft auftreten, habe nichts mit dem Klimawandel zu tun, erklärt der Meteorologe auf Nachfrage. Laut Statistik gebe es hierzu noch keinen Nachweis, „aber die Heftigkeit wird zunehmen“, lautet seine Prognose. Denn in einer wärmeren Atmosphäre werde auch mehr Energie gespeichert. Ein Lichtblick: Anders als in den USA gibt es in Europa keine Tornado-Alley, eine Schneise, in der Tornados überwiegend vorkommen. Auch seien Tornados hierzulande zehn bis 20 Mal seltener. Und: Die Vorhersage ermöglicht eine gute Risikoeinschätzung . „So haben wir am Mittwoch bereits ab 10.30 Uhr vor möglichen Tornados in Hamburg warnen können.“