Die Grundsteuerreform hat viele Eigentümerinnen und Eigentümer bewegt. Foto: Imago / Westend61

Die Gemeinden und Städte im Kreis Esslingen verlangen unterschieldlich viel Grundsteuer. Unsere exklusiven Daten zeigen, wo die Verwaltung am meisten - und wo sie sehr viel weniger verlangt.

Wie hoch ist meiner Steuerlast? Die Grundsteuerreform hat diesbezüglich viele Eigentümer bewegt. Eine exklusive Datenanalyse unserer Zeitung zeigt die durchschnittliche Grundsteuer je Quadratmeter bebautes Wohngrundstück in allen Städten und Gemeinden des Landkreises (zur Methodik siehe Infokasten unten).

 

In diesem Ranking landet Ostfildern mit durchschnittlich 1,84 Euro pro Quadratmeter an der Spitze und ist damit das teuerste Pflaster für Grundstückseigentümer im Landkreis Esslingen. Und auch für Mieter, da Eigentümer die Grundsteuer auf ihre Mieter über die Nebenkostenabrechnung umlegen dürfen. Hinter Ostfildern folgen Esslingen und Plochingen – hier liegen die Durchschnittsabgaben bei 1,76 beziehungsweise 1,73 Euro.

Die Tabelle zeigt die zehn Städte im Kreis Esslingen mit der höchsten durchschnittlichen Grundsteuer:

Ziel der Grundsteuerreform war, dass in der Summe nicht mehr bezahlt werden sollte als vor der Reform. Was so viel bedeutet, dass einige Steuerzahler schlechter, andere besser als vorher dastehen. Allerdings wurde dieses Ziel in Ostfildern trotz der relativ hohen Grundsteuern nicht erreicht, wie Ostfilderns Erster Bürgermeister Andreas Rommel feststellt. Er macht das an Zahlen fest: Lagen die Einnahmen 2024 noch bei 7,5 Millionen Euro, sind es 2025 nur noch 7,1 Millionen Euro. Rommel: „Es fehlen aktuell rund 400.000 Euro zur Aufkommensneutralität.“

Hebesatz in Ostfildern: Steigende Kosten erzwingen Maßnahmen

Die Folge ist klar: Der Hebesatz, mit dem seitens der Kommune die Höhe der Abgabe gesteuert werden kann, wird steigen. „Eine Aufkommensneutralität zum Ergebnis 2024 ist das Minimum der geplanten Hebesatzanpassung“, so Rommel. Dabei wird es aber womöglich nicht bleiben. „Wegen stark angestiegenen Kosten in allen Bereichen wird die Verwaltung dem Gemeinderat voraussichtlich einen darüberhinausgehenden Hebesatzvorschlag unterbreiten“, schaut der Bürgermeister in die Zukunft.

Immerhin ist Ostfildern noch weit entfernt vom teuersten Pflaster in Baden-Württemberg. Das ist Tübingen mit durchschnittlich 2,69 Euro pro Quadratmeter. In Stuttgart sind es 2,62 Euro. Für den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer ist das Ergebnis nicht überraschend: „Wir haben die Grundsteuer rückwirkend um ein Viertel erhöht.“

Palmer: „Sozialausgaben fressen uns die Haare vom Kopf“

Für die Entwicklung im Tübinger Fall macht der OB unter anderem die steigenden Sozialkosten des Landkreises, die Tübingen mittels Kreisumlage mitfinanziert, verantwortlich: „Die Sozialausgaben fressen uns schlicht die Haare vom Kopf und zwingen dazu, die einzige existierende Vermögensteuer zu erhöhen“, so Palmer: „Eigentlich müsste sie noch viel stärker steigen.“ Eine Erhöhung der Grundsteuer werde „in den kommenden Jahren in nahezu allen Gemeinden des Landes notwendig“.

Ein Ort mit einer verhältnismäßig niedrigen Grundsteuer im Kreis Esslingen ist Neidlingen, eine kleine Gemeinde am Fuße der Schwäbischen Alb. Wer hier bauen oder eine Immobilie kaufen will, muss deutlich weniger Steuern zahlen als etwa im Einzugsgebiet von Stuttgart oder Tübingen.

Tatsächlich gibt es sogar noch ein letztes Baugebiet in dem Ort, dass gerade erschlossen wird. Bürgermeister Jürgen Ebler rechnet damit, dass 24 Bauplätze Ende des Sommers 2026 zur Vermarktung bereitstehen. Ob bis dahin die Grundsteuer gestiegen sein wird, kann Ebler noch nicht sagen. Aber darauf kommt es den potenziellen Käufern dann vielleicht auch gar nicht so an, denn „was Neidlingen besonders attraktiv macht“, so Nadler, „ist die gelungene Verbindung von Natur, Lebensqualität und Infrastruktur.“

Grundsteuer: Ländliche Gemeinden sind günstiger

Statistisch gesehen ist die Grundsteuerbelastung umso höher, je größer und großstadtnäher eine Gemeinde ist. Besonders gering fällt die Grundsteuerbelastung in Kleinstädten und Dörfern im ländlichen Raum aus. Sie erbringen meist auch weniger öffentliche Leistungen. Dass die Grundsteuer im ländlichen Raum geringer ist als in Ballungszentren, „diese Tendenz gab es schon vor der Grundsteuerreform“, so Christopher Heck vom Gemeindetag Baden-Württemberg.

Datenrecherche: Wie die Zahlen ermittelt wurden

Methode
Die Zahlen basieren auf einer exklusiven Analyse unserer Redaktion. Dafür haben wir auf Basis der örtlichen Hebesätze und Bodenrichtwerte die theoretische Grundsteuer für rund 2,3 Millionen Flurstücke in Baden-Württemberg berechnet, die laut dem amtlichen Liegenschaftskataster in Wohn- oder Mischgebieten liegen und auf denen Gebäude stehen, die ganz oder teilweise zum Wohnen genutzt werden. Für jede Gemeinde ergibt sich daraus eine durchschnittliche Grundsteuerbelastung pro Quadratmeter. Unterschiedlich teure Bodenrichtwertzonen gehen dabei nur im Verhältnis zu ihrer jeweiligen Größe in den Gesamtwert ein. Die einheitliche Berechnung macht erstmals alle Gemeinden im Land vergleichbar, ermöglicht aber keine exakten Aussagen über die tatsächlichen Grundsteuerbescheide einzelner Grundstücke oder die Gesamteinnahmen der Kommunen. Sie erlaubt eine Annäherung auf der Basis gewisser Annahmen und leichter Vereinfachungen.

Aktualität
Die Flurstücksinformationen aus dem Liegenschaftskataster wurden zuletzt Mitte August abgerufen, die Bodenrichtwerte wurden aus BORIS-BW zwischen Mai und August abgerufen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden auch rückwirkende Änderungen an den grundsteuerrelevanten Bodenrichtwerten berücksichtigt. Die Hebesätze wurden vom Statistischen Landesamt veröffentlicht.