VfB, 2009: Trainer Markus Babbel, Assistent Alexander Zorniger (r.) Foto:  

Er trug schon das Trikot des Hamburger SV und das des VfB Stuttgart. Vor dem Bundesligaduell an diesem Samstag, sagt der Coach des Schweizer Erstligisten FC Luzern: „Beim VfB sieht es schon sehr, sehr gut aus.“ Er schätzt das Team seines früheren Assistenten Alexander Zorniger etwa stärker ein als die Elf von Bruno Labbadia.

Stuttgart - Grüß Gott, Herr Babbel. Wie leben und arbeiten Sie in der Schweiz?
Es ist sehr schön hier in Luzern, ich fühle mich wohl. Und was die Arbeit anlangt: Es ist ruhiger als in der Bundesliga. Es gibt nicht diesen Medienrummel. Das ist ganz angenehm.
Aber auch in der Schweiz wird Ihre Arbeit an Ergebnissen gemessen.
Klar, an den Wochenenden geht es auch hier richtig zur Sache. Wir sind immer am Kämpfen. Wie der VfB in der Bundesliga (lacht).
Welchen Unterschied gibt es zur Bundesliga?
Die Preise sind nicht so verdorben. Wenn ich bedenke, was in der Bundesliga ein durchschnittlicher Spieler verdienen kann. . .
Sie haben zu Beginn Ihrer Arbeit in Luzern unruhige Zeiten durchlebt.
Wissen Sie, Luzern ist eine fußballbegeisterte Stadt. Hier konzentriert sich alles auf den FC. Da gibt es Investoren und ehemalige Präsidenten. Und alle haben eine Meinung. Wenn es sportlich nicht so läuft, wird es schnell auch mal turbulent.
Das sind Sie ja von ihren ehemaligen Clubs in der Bundesliga gewöhnt – besonders von den Bayern, aber auch vom HSV und vom VfB.
Ja, schon. Der neue Präsident, Sportdirektor Rolf Fringer (Anm. d. Red.: VfB-Trainer von 1995 bis 1996) und ich haben beim FC Luzern ja dann auch wieder Ruhe reingebracht und eine tolle Rückrunde gespielt.
In der neuen Saison steht der FC nach fünf Spieltagen mit fünf Punkten auf dem drittletzten Tabellenplatz. Es könnte bald wieder unruhig werden.
Das glaube ich nicht. Uns geht es eben zurzeit wie dem VfB. Wir spielen ziemlich gut, lassen aber viel zu viele Torchancen aus.
Verfolgen Sie die Bundesliga regelmäßig?
Ja, wann immer es geht. Der VfB Stuttgart ist für mich ja immer noch was Besonderes. Dort haben ich 2007 mit die deutsche Meisterschaft gefeiert, danach bin ich erst als Co- und dann als Cheftrainer eingestiegen.
Und einer Ihrer Assistenten war der heutige VfB-Chefcoach Alexander Zorniger.
Ich habe ihn kennengelernt, als wir zusammen den A-Schein gemacht haben. Es hat mir gefallen, wie er die Übungen geleitet hat, wie er auf dem Platz stand. Er ist eine Persönlichkeit. . .
. . . die einigen Spielern aber mit ihrem Chef-Gehabe mächtig auf den Keks ging.
Das kann schon sein. Aber Spieler finden immer eine Ausrede, wenn es sportlich nicht so gut läuft.
Was trauen Sie ihrem Ex-Mitarbeiter zu?
Er hat eine hohe Fachkompetenz, einen Standpunkt und Ehrgeiz. Ich bin sicher, er macht zusammen mit Sportvorstand Robin Dutt einen guten Job. Die Mannschaft braucht jetzt eine Wende, sie muss sich weiter entwickeln und wieder dort hin kommen, wo der VfB hingehört.
Wo gehört der VfB denn hin?
In drei, vier Jahren wieder ins internationale Geschäft. Das ist ein Projekt, dieses Ziel muss sichtbar werden. Dann wird es auch wieder einfacher, Top-Spieler nach Stuttgart zu holen.
Das erste Spiel gegen den 1. FC Köln lief sehr unglücklich.
Ich weiß, der VfB hat 1:3 verloren. Aber was ich gesehen habe, war sehr, sehr gut. Das ist jetzt ein Prozess, das muss sich alles Schritt für Schritt entwickeln – und die Ergebnisse müssen stimmen. Dann kommt in den Verein auch wieder Ruhe rein.
Welche Spieler gefallen Ihnen besonders?
Puh, das ist eine schwierige Frage. Mir hat gefallen, dass die Mannschaft vergangene Saison in einer bedrohlichen Situation als Einheit aufgetreten ist und die Ruhe bewahrt hat. Offensiv ist die Qualität da – mit Didavi, Kostic, Harnik, Ginczek. Das sind schon Spieler, die den Unterschied ausmachen können. Dann muss der VfB eben noch in der Defensive gut stehen. Timo Baumgartl ist in der Abwehr ein tolles Talent.
Was halten Sie von Adam Hlousek als Innenverteidiger?
Das ist ja aus der Not geboren. Aber das sind manchmal gute Lösungen. Georg Niedermeier tut mir ein bisschen leid. Ich halte viel von ihm. Aber er bräuchte mal eine längere Phase ohne Verletzungen.
Sie haben von 1992 bis 1994 das Trikot des Hamburger SV getragen. Leiden Sie mit dem Bundesliga-Dino?
Ja, sehr. Aber ich muss sagen: Ich ziehe tief den Hut vor Bruno Labbadia. An den Klassenverbleib hat doch keiner mehr geglaubt – mich eingeschlossen. Wenn einer diese Mannschaft wieder ins Laufen bringt, dann Bruno.
Wenn nur das Team das Problem wäre. . .
In Hamburg reden immer wahnsinnig viele Menschen mit. Und das Medieninteresse ist enorm. Es gab eben mal eine sehr erfolgreiche Ära und der HSV ist der einzige Verein, der seit der Bundesliga-Gründung kontinuierlich dabei ist.
Deshalb trägt man Gehaltslisten in Rucksäcken spazieren. . .
. . . und man druckt T-Shirts mit Hertha-Fans drauf. So ist das manchmal: Wenn es schlecht läuft, dann kommt alles zusammen.
An diesem Samstag treffen Ihre beiden Ex-Teams aufeinander. Wer hat die besseren Karten?
Der HSV ist ja so was wie der Lieblingsgegner der Stuttgarter. Ich denke, der VfB hat leichte Vorteile. Die Hamburger wissen ja nach der Pokalpleite und nach dem 0:5 beim FC Bayern noch gar nicht, wo sie stehen.
Wo landen die beiden Teams am Saisonschluss?
Im Mittelfeld. Vorne gibt es drei, vier Top-Clubs. Ansonsten liegt die Liga extrem eng zusammen. Da können in fast jedem Spiel Nuancen entscheiden. Zwischen Platz acht und fünfzehn ist alles möglich.