Beim VfB gescheitert, blüht Konstantin Rausch beim kommenden Gegner Darmstadt 98 wieder auf. Was sich nicht für alle VfB-Abgänge sagen lässt.
Darmstadt - Bei Darmstadt 98 erleben sie auf ihrer aufregenden Reise durch die Bundesliga immer wieder neue Wunder. In dieser Woche musste der wackere Aufsteiger gleich fünf Nationalspieler zu Länderspielen abstellen. Oder besser gesagt: Er durfte. Denn natürlich sind sie am Böllenfalltor in erster Linie stolz auf diese Entwicklung, auch wenn sich für Trainer Dirk Schuster vor dem Duell gegen den VfB am Samstag (15.30 Uhr/Sky) in der Trainingsarbeit ungewohnte Lücken auftaten.
Fünf Nationalspieler. Bei Darmstadt 98. Das gab es noch nie. Und wer weiß: Vielleicht kommt bald ein sechster hinzu. Konstantin Rausch hat dieser Tage Ansprüche auf eine WM-Teilnahme mit Russland angemeldet. „Ich denke, dass es nicht unrealistisch ist, dass ein Spieler wie ich das packen kann. Ich werde natürlich Gas geben, um das zu schaffen“, sagte der Linksverteidiger mit Blick auf das Turnier 2018 in Russland. Dort wurde Rausch vor 26 Jahren geboren, ehe er im Alter von sechs Jahren mit seinen Eltern nach Deutschland übersiedelte.
„Immer eng am Gegenspieler“
Für diverse Jugendnationalmannschaften absolvierte der Linksfuß immerhin 51 Länderspiele, ehe seine Karriere irgendwie ins Stocken geriet. Rausch war 2013 im Paket mit Karim Haggui und Mohammed Abdellaoue von Hannover 96 zum VfB gewechselt. Aus dem Trio der Hoffnung wurde schnell Hannovers Resterampe. Rausch fasste nie Fuß in Stuttgart, weshalb es ihn nach zwei Jahren zu den Lilien verschlug.
Wo Konstantion „Koka“ Rausch plötzlich wieder aufblüht. Seine Erklärung klingt simpel: „Das Team und die Trainer sind super, und man hat hier alles, was man zum Fußballspielen braucht.“ In Darmstadt ist das vor allem ein funktionierendes Mannschaftsgefüge, gepaart mit einer niedrigen Erwartungshaltung und einem Fußball, der einem Großteil der Truppe wie auf den Leib geschneidert scheint. Rausch charakterisiert den Spielstil wie folgt: „Kompromisslos verteidigen, immer eng am Gegenspieler und die anderen Teams nerven.“
VfB hat gehörig Respekt vor Darmstadt
Diese Mischung kann Berge versetzen, was die 98er an den ersten 27 Spieltagen eindrucksvoll unter Beweis gestellt haben. Vor der Saison als Truppe der Gescheiterten verspottet, standen sie noch kein einziges Mal auf einem Abstiegsplatz. Nur vier Punkte trennen sie vom VfB, der mit einer gehörigen Portion Respekt ins Hessische reist. Für Sportvorstand Robin Dutt war Darmstadt von Anfang an ohnehin nicht der klassische Außenseiter. Anders als in der Vorsaison mit dem SC Paderborn könne die Bundesliga-Erfahrenheit vieler Spieler am Ende eben doch den Unterschied ausmachen, glaubt er.
Rausch steht am Samstag vor seinem 200. Einsatz im Oberhaus. Andere wie Sandro Wagner oder Jan Rosenthal sind auch keine blutigen Anfänger mehr. Letzterer fällt gegen den VfB allerdings mit Adduktorenbeschwerden aus.
Auch ohne seine Offensivkraft verspricht Schuster den Fans im wie immer ausverkauften Böllenfalltor: „Sie können sich auf eine Mannschaft freuen, die alles abrufen und versuchen wird. Wir sind gut vorbereitet.“ Trotz des ungewohnten Nationalspieler-Aderlasses. Das Quintett kehrte wenigstens unverletzt und mit einigen Erfolgserlebnissen nach Darmstadt zurück. Nicht die schlechteste Voraussetzung, um gegen den VfB den lang ersehnten zweiten Heimsieg der Saison einzufahren.
Das wurde aus den anderen VfB-Abgängen:
Antonio Rüdiger (AS Rom): Der ausgeliehene Abwehrspieler hat sich beim Champions-League-Teilnehmer zu einer festen Größe entwickelt. Noch ist aber unklar, ob der Verein die Kaufoption zieht.
Sven Ulreich (Bayern München): Der Torhüter ist beim Rekordmeister fester Bankangestellter. Und nach eigenem Bekunden glücklich damit.
Gotoku Sakai (Hamburger SV): Seine Leistungen sind so wechselhaft wie früher beim VfB. Pendelt zwischen Startformation und Bank.
Vedad Ibisevic (Hertha BSC): 23 Spiele, zehn Tore – der Stürmer hat als einziger VfB-Abgang so richtig eingeschlagen.
Carlos Gruezo (FC Dallas): Für den Ecuadorianer hat sein USA-Abenteuer nach der Winterpause eben erst richtig begonnen.
Sercan Sararer (Fortuna Düsseldorf): Das ewige Talent wartet auch beim Zweitliga-15. weiter auf seinen Durchbruch.
Karim Haggui (Fortuna Düsseldorf): Sein Wort hat Gewicht – Haggui ist Mannschaftskapitän bei der Fortuna.
Moritz Leitner (Borussia Dortmund): Wäre im Winter gerne zu Espanyol Barcelona gewechselt, was Thomas Tuchel zu verhindern wusste. Der BVB-Trainer hofft noch auf Leitners Durchbruch.
Oriol Romeu (FC Southampton): Der Spanier darf sich nach zuletzt starken Leistungen beim Tabellen-Siebten der Premier League sogar Hoffnungen auf eine EM-Teilnahme mit seinem Heimatland machen.
Mohammed Abdellaoue (Valerenga Oslo): Riss in seiner ersten Saison in Norwegen keine Bäume aus. Die neue Spielzeit ist erst zwei Spieltage alt.
Thorsten Kirschbaum (1. FC Nürnberg): Kirschbaum ging als Nummer eins nach Nürnberg, flog zwischenzeitlich aus dem Kader, ist jetzt die Nummer zwei im Tor.
Odisseas Vlachodimos (Panatinaikos Athen): Der Torwart hat auch in der Heimat seiner Eltern die Erfüllung nicht gefunden. Nur Torhüter Nummer drei.
Adam Hlousek (Legia Warschau): Seit seinem Wechsel im Januar hat der Abwehrspieler alle Spiele über 90 Minuten bestritten und zwei Tore erzielt. Hlousek ist mit Legia sogar Tabellenführer in Polen. (gp)