Der Ex-SWR-Intendant Peter Voß sieht bei seinem Sender mittlerweile die Gefahr eines Anscheins von Mauschelei. Foto: Quadriga Hochschule Berlin

Der frühere SWR-Intendant Peter Voß greift die Aufsichtsgremien des Senders im Vorfeld der Intendatenwahl scharf an. Verwaltungsratschef Stechl widerspricht.

Frankfurt a.M./Stuttgart - Der frühere Intendant des Südwestrundfunks (SWR), Peter Voß, hat scharfe Kritik am aktuellen Besetzungsverfahren für den Chefposten des Senders geäußert. Das inzwischen festgelegte Wahlverfahren sei „gelinde gesagt mehr als misslich“ und ein „Armutszeugnis für die Gremien des Senders“, schrieb der 78-Jährige in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Der Vorsitzende des SWR-Verwaltungsrates, Hans-Albert Stechl, wies die Vorwürfe zurück.

Rundfunk- und Verwaltungsrat des SWR hatten sich Mitte März darauf geeinigt, dass bei der Wahl Ende Mai zwei Kandidaten antreten: Der Chefredakteur von ARD-aktuell, Kai Gniffke, und die SWR-Landessenderdirektorin für Baden-Württemberg, Stefanie Schneider. Dieses Verfahren hatte eine gemeinsame Findungskommission beider Gremien zuvor empfohlen.

Schwerlich legitim

Für die öffentlich ausgeschriebene Stelle hatten sich neben Gniffke und Schneider weitere als aussichtsreich geltende Kandidaten beworben, darunter NDR-Fernseh-Chefredakteur Andreas Cichowicz und der Vize-Landessenderchef Clemens Bratzler. Dass sie nicht ebenfalls zur Wahl vorgeschlagen wurden, hatte für Kritik gesorgt. SWR-Verwaltungsdirektor Jan Büttner hatte seine Kandidatur nach dem öffentlichen Streit über das Prozedere zurückgezogen. Insgesamt hatte es 15 Bewerbungen für die Nachfolge des derzeitigen Intendanten Peter Boudgoust gegeben.

Es sei schwerlich legitim, wenn von zunächst fünf zweifelsfrei qualifizierten Bewerben drei sich nicht selbst in den Gremien vorstellen dürften, kritisierte Voß, der bis 2007 Intendant des SWR war: „Wozu dann überhaupt eine öffentliche Ausschreibung, die doch gerade bei den seriösen Bewerbungen für Chancengleichheit sorgen soll, um selbst noch den Anschein von Diskriminierung und Mauschelei zu vermeiden?“

Kritik als „arrogant“ gescholten

Tüchtige und hoch angesehene Kollegen seien ohne Not vorgeführt und beschädigt worden - „und der SWR selbst gleich mit“. Es bleibe im Dunkeln, warum sich die Gremien selbst aushebelten und ihre eigene Kompetenz unterliefen, betonte Voß.

Der Vorsitzende des SWR-Verwaltungsrats, Hans-Albert Stechl, nannte die Kritik „arrogant, überheblich und miserabel recherchiert“. Die Gremien hätten sich schließlich mit überdeutlicher Mehrheit, nach intensiver Diskussion und unter Wahrung der eigenen Kompetenzen auf das Wahlverfahren geeinigt, sagte Stechl dem Evangelischen Pressedienst. Das Gremium habe sich somit eben gerade nicht selbst ausgehebelt. Für das Wahlverfahren mit den beiden Kandidaten Gniffke und Schneider hatten Mitte März 70 Gremienmitglieder gestimmt, es gab eine Gegenstimme und vier Enthaltungen.

Keine Informationen vorenthalten

Allen Rundfunk- und Verwaltungsräten hätten vor der entscheidenden Sitzung alle Bewerbungsunterlagen vorgelegen, sodass keinem Gremienmitglied Informationen über die Kandidaten vorenthalten worden seien, erklärte der Verwaltungsratsvorsitzende. „Was jetzt im Nachhinein in das Besetzungsverfahren ‚reingeheimnist’ wird, ist unglaublich“, sagte Stechl, der die Findungskommission gemeinsam mit dem Rundfunkratsvorsitzenden Gottfried Müller geleitet hatte.

Die Wahl des Intendanten ist für den 23. Mai angesetzt. Bei der Zwei-Länder-Anstalt SWR müssen die Kandidaten für die Intendanz nicht nur die Mehrheit der Stimmen der Gremienmitglieder auf sich vereinen können, sondern zusätzlich auch jeweils mindestens die Hälfte der Stimmen aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Der bisherige Intendant Boudgoust (64) tritt zur Jahresmitte vorzeitig ab.