Sein größter Triumph: 2014 schoss Daniel Engelbrecht, der einzige Profifußballer mit Defibrillator, nach seiner Rückkehr den umjubelten Siegtreffer für die Stuttgarter Kickers. Foto: Pressefoto Baumann/Eugen Zimmermann

Er schrieb Fußballgeschichte: 2014 spielte Daniel Engelbrecht als erster Profi mit eingepflanztem Defibrillator für die Stuttgarter Kickers. Bei „SternTV“ sprach er jetzt über seine Geschichte – und das Türenöffnen in Coronazeiten.

Stuttgart - Es ist still geworden um Daniel Engelbrecht. Als er 2014 als einziger deutscher Fußballspieler mit eingepflanztem Defibrillator für die Stuttgarter Kickers auflief, berichteten Zeitungen aus ganz Deutschland über ihn. Bereits 2017 hat der heute 29-Jährige seine aktive Karriere beendet. Am Mittwochabend war Engelbrecht bei „SternTV“ zu sehen. „Die Herzmuskelentzündung hat mein Leben zerstört“, sagte er in der Fernsehsendung. „Sie hat meinen großen Traum kaputt gemacht und mir den Boden unter den Füßen weggezogen.“

„Ich würde alles dafür tun, die Zeit zurückzudrehen“, sagte Engelbrecht. Es war der 20. Juli 2013, als der Stürmer beim Saisonauftakt gegen Rot-Weiß Erfurt zusammenbrach. „Ich bin auf die Außenlinie zugelaufen, weil ich den Ball gefordert hatte. Wir hatten Einwurf. Von jetzt auf gleich habe ich gemerkt, wie mir schwindelig geworden ist und mir langsam schwarz vor Augen wurde. Dann bin ich zusammengebrochen“, erinnerte sich Engelbrecht in der Sendung an den Tag, der sein Leben für immer veränderte. Der damals 22-Jährige erlitt auf dem Platz einen Herzstillstand. „Ich bin nach zehn, zwanzig Sekunden wieder zu mir gekommen. Als wenn der liebe Gott gesagt hätte: ‚Es ist noch zu früh, steh wieder auf.’“ Engelbrecht spielte sogar noch weiter, bevor er schließlich ausgewechselt wurde.

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Es folgten die Diagnose Herzmuskelentzündung und vier Operationen – immer in der Ungewissheit wieder normal leben, geschweige denn Leistungssport betreiben zu können. Vermutlich hatte Daniel Engelbrecht eine Erkältung verschleppt. Mit dem Wissen von heute, sagt der jetzt 29-Jährige, wäre er nicht so sorglos mit seiner Gesundheit umgegangen, auch mal ein Training ausfallen lassen, wenn er sich nicht ganz fit fühlte.

Die Ärzte rieten ihm, die Profifußballerkarriere an den Nagel zu hängen. „Eine der schlimmsten Nachrichten, die ich je bekommen habe. Ich war 22 Jahre alt. Meine Karriere ging gerade bergauf.“

Engelbrecht schreibt Fußballgeschichte

Doch Engelbrecht kämpfte sich zurück – gegen den Rat der Ärzte. „Für mich stand fest: Ich wollte unbedingt in den Fußball zurück“, sagte Engelbrecht bei „SternTV“. „Nichts ist unmöglich“ stand auf dem T-Shirt, das er unter dem Trikot trug, als er am 6. Dezember 2014 wieder für den damaligen Drittligisten auflief und sogar den umjubelten Last-Minute-Siegtreffer gegen den SV Wehen Wiesbaden erzielte. „Es war eine Bestätigung dafür, dass sich der Kampf gelohnt hat“, erinnert sich Engelbrecht heute. Als sich der Stürmer das Trikot vom Leib riss, wurde der kleine Brustpanzer sichtbar, der den Defibrillator neben seinem Herzen vor Schlägen schützt.

„Wir bewundern deinen Mut“, hätten die Ärzte ihm gesagt. „Aber das nächste Mal stehst du vielleicht nicht wieder auf und dann wirst du es nicht überleben.“ An seine frühere Form konnte Engelbrecht nie mehr anknüpfen. „Engel“ verließ die Stuttgarter Kickers im Januar 2016 in Richtung Alemannia Aachen. Ein bitterer Abschied: Engelbrecht lief kaum mehr auf und war den Degerlochern letztlich zu teuer. „Ich bin schockiert und maßlos enttäuscht. Nach allem, was wir gemeinsam erlebt haben, ist das kein schönes Ende“, hatte er damals gesagt. 2017 beendete er schließlich schweren Herzens seine Karriere. Mittlerweile ist der 29-Jährige beim VfL Bochum angestellt und arbeitet dort als Scouting-Leiter im Nachwuchsbereich. Seinen aus seiner Sicht unglücklichen Abgang von der Waldau hat er gut verkraftet. Im vergangenen Jahr lief er bei der 120-Jahr-Feier der Kickers in der Traditionsmannschaft aus. Der bei den Fans sehr beliebte Engelbrecht schickte zudem erst vor ein paar Wochen Videogrüße aus Bochum nach Stuttgart, in der aufrief, die Stuttgarter Kickers zu unterstützen.

Menschen mit Engelbrechts Krankengeschichte gehören in der Coronapandemie zur Hochrisikogruppe. Auch der 29-Jährige muss in diesen Tagen besonders auf sich aufpassen. „Wie öffnen Sie denn zur Zeit Türen? Mit der bloßen Hand“, fragte Moderator Steffen Hallaschka. „Ja, mit der bloßen Hand. Aber in den meisten Geschäften steht ja gleich hinter der Tür Desinfektionsmittel.“