Hussein Dib und sein jüngster Sohn Adam, auch er spielt Fußball. Foto: Caroline Holowiecki

Hussein Dib stammt aus Syrien, dort war er einst sowohl Spieler als auch Co-Trainer der Nationalmannschaft. Jogi Löws Elf wünscht er in diesem Jahr den WM-Sieg, hat aber auch eine klare Meinung zu den Chancen.

Filder - Der zehnjährige Adam sieht aus wie ein kleiner Gentleman. Zur Weste trägt er eine Fliege. Ein Hut krönt das Outfit. Hussein Dib platzt fast vor Stolz auf seinen Jüngsten. Nicht nur, weil er sich zum Zuckerfest, dem großen Fest des Fastenbrechens, so herausgeputzt hat. Sondern auch, weil er in fast fließendem Deutsch übersetzen kann. Seit 2016 erst lebt der Bub in Deutschland, besucht jetzt die dritte Klasse der Schönbuchschule, außerdem spielt er Fußball beim TSV Rohr. „Ich bin Stürmer“, sagt Adam strahlend, und der Papa signalisiert mit einem Fingerzeig auf seine Augen, dass er seinem Sohn beim Kicken immer ganz genau zuschaut.

Sein Team schlug den Favoriten Frankreich

Das Talent hat Hussein Dib seinem Kind vererbt. In seiner Heimat, in Syrien, war er einst ein Sportstar und hat Autogramme gegeben. Als Nationalspieler mit der Nummer elf war er 1983, 1987, 1988 und 1990 zum Spieler des Jahres gekürt worden. Und das, obwohl er einst als Palästinenser in einem Flüchtlingslager entdeckt worden war. „Weil er so gut war, durfte er als Nationalspieler in Syrien spielen“, erklärt Suse Baur aus Riedenberg, die die Dibs 2013 in der Asylunterkunft in Heumaden kennengelernt hat und seither mit der Familie befreundet ist. Endgültig in die Topliga stieg er 1987 auf, als sein Team im Finale der Mittelmeerspiele zu Hause den Favoriten Frankreich schlug. Ob Fußball in Syrien ähnlich wichtig ist wie in Deutschland? Hussein Dib antwortet mit einem ehrfürchtigen „Oooh“ und reißt die Augen auf. Nach seiner Zeit auf dem Platz positionierte er sich mit einer Akademie für Fußballtalente, trat auch als Co-Trainer fürs syrische Nationalteam auf. Der Krieg habe ihm jedoch nichts gelassen. „Bombe“, sagt Hussein Dib. Mit seinem Büro in Damaskus seien alle Auszeichnungen zertrümmert worden. „Meine Familie gut, ist okay“, sagt er.

Dem Vater fällt das Deutschlernen schwer

Hussein Dib floh 2013 mit seinen beiden ältesten Kindern und 240 anderen Personen in einem Schleuserboot übers Mittelmeer. Reden will er darüber nicht, lieber über sein neues Leben. Tochter Diana (25) wohnt in Köln und studiert BWL. Ali (23) ist daheim in Rohr, er hat das Down-Syndrom und benötigt viel Unterstützung. Ehefrau Suhad und die beiden anderen Söhne Adam (10) und Ahmad (21) durften 2016 nach Stuttgart folgen. Adam beherrscht die deutsche Sprache mittlerweile so gut, dass er verlernt hat, Arabisch zu lesen und zu schreiben. Sein Vater bekennt indes: Das Lernen fällt ihm schwer. Eine Option auf einen Jugendtrainerjob in seinem früheren Heimatbezirk Sillenbuch hatte sich deswegen zerschlagen. Dass er den Fußball noch draufhat, hat er indes in seiner Zeit in der Asylunterkunft in Heumaden bewiesen. Dort trainierte er ein Flüchtlingsteam. „Wir haben einige Spiele gemacht. Heumaden hat alle gewonnen“, erinnert sich Suse Baur. In Rohr spielt Hussein Dib nur noch zum Spaß. „Ich bin kein junger Mann“, sagt der 54-Jährige.

Löw hat einen Fehler gemacht, findet er

Im Fernsehen allerdings verfolgt er seinen Lieblingssport sehr genau. Vor allem, was die Deutschen bei der WM tun. Für den deutschen Fußball habe er sich immer interessiert. Von Breitner und Rummenigge schwärmt er bis heute, das Urteil zum aktuellen WM-Team fällt indes durchwachsen aus. „Ich wünsche den Deutschen, dass sie gewinnen, aber es wird schwer“, vor allem gegen Brasilien, Argentinien, Frankreich und Spanien. „Die Spieler im Mittelfeld sind zu alt“, findet er. „Lewandowski ist der Meister der Tore in Deutschland, aber bei der WM fehlt er“, sagt er etwa über den polnischen Bayern-Star. Joachim Löw sei als Trainer „richtig, richtig gut“, übersetzt Adam, aber seit der WM 2014 wisse jeder, wie er trainiert, er könne daher nicht mehr überraschen. Nur einmal hat Löw den Syrer Hussein Dib tatsächlich verwundert: als er Leroy Sané nicht für die WM nominiert hat. Um auszudrücken, was er davon hält, reicht sein Deutsch allemal. „Fehler.“