Bettina Klein war früher selbst passionierte Dartspielerin. Inzwischen verkauft sie das Material mit ihrem Mitarbeiter Rainer Ruoff – und ist damit erfolgreich. Foto: Simon Granville

In Möglingen (Kreis Ludwigsburg) sitzt ein Unternehmen, das führend bei Darts-Equipment in Deutschland ist. WM-Halbfinalist Gabriel Clemens ist dort kein Unbekannter.

Immer im Winter läuft das Geschäft von Bettina Klein. In diesem Januar noch mal ein bisschen besser als sonst. Weil der Saarländer Gabriel Clemens bei der Weltmeisterschaft des Verbands PDC im Londoner „Ally Pally“ die deutschen Fans – auch die vor den heimischen TV-Geräten – verzückte, rückte der Dartssport noch ein bisschen mehr in den Fokus als sonst.

Dementsprechend groß war und ist die Nachfrage nach den Pfeilen, die Kleins Firma Evolution Darts in Möglingen (Kreis Ludwigsburg)  fertigt. Die 55-Jährige hat die Entwicklung des Sports hautnah miterlebt, vom belächelten Kneipensport zum massentauglichen TV-Großereignis. In Deutschland ist Darts zwar immer noch eine Randsportart, aber mit den großen Turnieren, zu denen die Superstars der Szene kommen, lassen sich auch größere Hallen inzwischen füllen. Bestes Beispiel: das Event im Sindelfinger Glaspalast.

Klein, die ursprünglich aus dem Bottwartal kommt, war selbst ambitionierte Spielerin, im E-Darts gehörte sie in den 90ern zur nationalen Spitze. Ein bis zwei Stunden täglich trainierte sie. „Dass sich das alles mal so entwickeln würde, das hätte ich nie gedacht“, sagt sie. Damit meint sie den Sport an sich, aber auch die Firma, die sie nun leitet.

Zarte Anfänge in den 90ern

Gegründet wurde Evo-Darts in den 90ern von Roland Kühn, dem ehemaligen Lebensgefährten Kleins, der vor zwei Jahren verstorben ist. Die beiden lernten sich in einer Kneipe kennen – beim Darts. Dass das gute Material fast ausschließlich in England, dem Mutterland des Sports, gefertigt wurde, wollte ihm nicht in den Kopf. Als gelernter Dreher beschäftigte er sich mit der Materie, konstruierte Maschinen und brachte bald auch seine eigenen Pfeile auf den Markt.

Zu Beginn freuten sich die Möglinger über jeden Satz verkaufte Darts. Das ist lange vorbei, der Firmenname hat in der Szene längst Gewicht, die Pfeile sind sowohl bei Hobby- als auch bei professionellen Spielern beliebt. Unter anderem zielen der mehrmalige Deutsche Meister Nico Kurz oder der ehemalige WM-Teilnehmer Robert Marijanović, der auch als TV-Experte bekannt ist, mit den Evo-Darts auf die dreifache 20 – das höchste Feld auf dem kreisrunden Dartboard.

Kein böses Blut wegen neuem Sponsor

Auch der WM-Halbfinalist „Gaga“ Clemens hämmerte einst die Möglinger Pfeile ins runde Board. Evolution sponserte den „German Giant“, so Clemens Spitzname, und half ihm damit, im Profizirkus Fuß zu fassen. Davon zeugt auch ein altes Mannschaftsfoto, das im Eingangsbereich der Firma hängt.

Dass aus dem heute 39-Jährigen ein überragender Spieler wird, sei abzusehen gewesen, sagt Klein. „Dementsprechend wussten wir auch, dass irgendwann ein großer Hersteller kommt und ihn abwirbt.“ Böse sei sie deshalb nicht gewesen. Sein jetziger Sponsor Target aus England, habe auch ganz andere Möglichkeiten, Clemens zu unterstützen. „Wenn ein Deutscher im WM-Halbfinale steht, das hilft uns, auch wenn er nicht mit unseren Darts spielt“, sagt Klein.

Große Nachfrage nach E-Darts-Zubehör

Hierzulande gibt es für die Möglinger „eigentlich keine Konkurrenz“. Wie viele Darts sie verkaufen, möchte die 55-Jährige aber nicht verraten. Nur so viel: das Geschäft laufe gut, bei den Kunststoffspitzen, die man für E-Darts braucht, kommt der Zwei-Personen-Betrieb kaum mit der Produktion hinterher. Dass die Teilchen – neben den Spitzen auch die Flights, mit denen der Dart stabilisiert wird und die Schäfte, an denen er gehalten wird – millionenfach in Beuteln verpackt, im Lager liegen, zeigt, wie groß die Nachfrage ist.

Dass die Maschinen laufen, ist seit zwei Jahren Rainer Ruoffs Sache. Fünf Spritzgussmaschinen stehen in der Produktionshalle. Darin wird das Granulat auf 230 Grad erhitzt und dann in Form gepresst. Die Maschinen spucken ununterbrochen Plastikteile aus. Die Reste, die aussehen wie kleine Schirmchen, werden wieder zu Granulat vermahlen.

Individuelle Darts bedeuten großen Aufwand

Mehr Arbeit sind die Steeldarts, die individuell auf CNC-Fräsmaschinen angefertigt werden. Um das exakte Gewicht zu erreichen, werden die Stahlschäfte von Hand ausgebohrt. „Man hat jeden Dart zigfach in der Hand, das ist aufwendig“, sagt Ruoff. Auch die Griffmulde wird individuell angefertigt. Im Shop in Möglingen können die Spieler ihre Darts ausprobieren. Die Kombinationsmöglichkeiten beim Gewicht – normal sind zwischen 15 und 27 Gramm – und beim Grip sind schier endlos. Was einem Spieler liegt, „das ist eine Wissenschaft für sich und ganz individuell“, sagt Klein. Da gehöre auch jede Menge Erfahrung dazu. Bei der Herstellung der Darts gilt das übrigens auch.

Ein langer Weg zum Dartprofi

Firma
 Evolution Dart hat seinen Sitz in Möglingen, im Industriegebiet direkt neben der A 81. Die Adresse lautet Dieselstraße 5. Dort können Spieler die Darts auch ausprobieren. Das komplette Sortiment findet sich online unter der Adresse www.evo-darts.de.

Sponsoring
 „In Großbritannien, Holland oder Belgien, ist die Nachwuchsförderung in Sachen Darts deutlich besser. Da gibt es Internate, auf denen extra ausgebildet wird“, sagt Evo-Chefin Bettina Klein. In Deutschland sei es ein langer, beschwerlicher Weg in die internationale Spitze. Deshalb unterstützt sie mit ihrer Firma talentierte Nachwuchsspieler und hat einen eigenen Scout. Außerdem sponsert Evolution die „Neckarbomber“ aus Stuttgart, ein E-Dart-Team, das kürzlich die Bundesliga Süd-West gewonnen hat.