Im vergangenen Juli hatte der Pop-up-Friseursalon mit seinen „Geschichten unter der Haube“ Halt gemacht. Foto: Werner Kuhnle

Die Stadt kann in Sachen Veranstaltungen alles andere als verlässlich planen.

Marbach - Das kulturelle Leben in der Schillerstadt ist wie überall weitestgehend zum Erliegen gekommen. „Wir befinden uns in einer Situation, mit der wir nie gerechnet hätten“, erklärte Melanie Salzer, bei der Stadt Marbach für den Bereich Kultur zuständig, in der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses. Habe man zu Beginn der Corona-Krise noch optimistisch Termine für Veranstaltungen verlegt, sei dann die Schockstarre gekommen. Im Moment sei man gerade dabei, einen Plan B zu entwickeln und mit Künstlern und Agenturen zu verhandeln. „Stand jetzt sind alle Termine bis Juli verlegt, ich hoffe, dass es im Herbst weitergeht“, so Salzer.

Ob der Schlosskeller dann aber wie bisher als Veranstaltungsort möglich sein wird? Melanie Salzer hat da große Zweifel. Der Luftaustausch sei zu gering. Überhaupt brauche es bauliche Veränderungen. „Die Anlage ist beispielsweise nicht mehr aktuell.“ Dennoch halte sie den Keller für einen unverzichtbaren Veranstaltungsort in der Innenstadt, so ihr Plädoyer für Investitionen in das unterirdische Marbacher Schmuckstück. In der Sitzung blickte Salzer auch auf das Jahr 2019 zurück. Insgesamt 56 städtische Kultur- beziehungsweise Kooperationsveranstaltungen haben stattgefunden, davon waren elf Kinotage, sechs Ausstellungen und acht Kooperationsveranstaltungen. Durch die Kommune finanziell gefördert wurden die Marbacher Theaterfestspiele und die Nachtschicht Kunst, an der erstmals auch die Museen in der Stadt mitgemacht haben. Große Projekte waren der Pop-up-Friseursalon, der im Juli mit seinen „Geschichten unter der Haube“ in Marbach auf dem Marktplatz haltgemacht hatte und das Kunstprojekt „Der Marbach“, das im Rahmen des Produktionskunst-Festivals „Drehmoment“ der KulturRegion Stuttgart stattfand.

Die Besuchszahlen der Kulturveranstaltungen lagen mit 7491 in etwa auf Höhe der Besuchszahlen im Vorjahr. Die durchschnittliche Besucherzahl pro Veranstaltung ist leicht angestiegen. Als absolut positiv habe sich die Entscheidung erwiesen, den Jugendfilm des Kinomobils aufgrund der schwachen Resonanz zu streichen. „Es haben uns keine Beschwerden von Besuchern erreicht“, so Salzer. In Rielingshausen finde das Kinomobil einmal im Quartal statt und werde durch den Verein CoKi betreut. „Die persönliche Betreuung mit Bewirtung wird sehr geschätzt.“ Die durchschnittliche Besucherzahl pro Kinotag liege in Rielingshausen höher als in Marbach.

Was die für 2020 geplanten Termine angeht, so sind die größtenteils Makulatur. Da Verträge und entsprechende Veranstaltungstermine mit einem Vorlauf von ein bis zu drei Jahren erfolgten, würden Terminverschiebungen zunehmend schwierig, so Salzer.

Einsparen könne man, was nicht stattfinde, sagte sie mit Blick auf den Kulturetat der Stadt. Für alle Veranstaltungen, für die bereits Karten verkauft worden sind, müssten Ersatztermine gefunden werden. Von den zur Verfügung stehenden 40 000 Euro habe man bislang 10 000 Euro ausgegeben. Weitere 10 000 Euro brauche man für das Drucken des Programmes, das trotz Corona Sinn mache, so Salzer, um im Kopf der Leute als Kulturstadt zu bleiben. „Ich tendiere dazu, das Geld zu investieren.“ SPD-Rat Heinz Reichert regte an, Veranstaltungen mehr ins Freie zu legen. 2020 werde zu einer großen Zäsur werden, erklärte Dr. Michael Herzog von den Freien Wählern. Marbach sei eine Kultur- und Literaturstadt. „Wir müssen mit einem tiefen Einbruch leben, aber die Hauptleidtragenden sind die Künstler.“

Hendrik Lüdke von der Liste Puls würdigte das breite kulturelle Engagement der Vereine, Kirchen und Schulen, der Volkshochschule, einzelner Bürger und freischaffender Künstler. Die Stadt versuche, dieses Engagement angemessen zu unterstützen, etwa durch Auftritts- und Ausstellungsmöglichkeiten. Durch Corona mussten sich Kunst und Kultur in einen ungewollten Tiefschlaf begeben, so Lüdke. Künstler hätten wenig oder keine Betriebsausgaben und erhielten deshalb keine staatliche Unterstützung, bräuchten aber dennoch Geld für den Lebensunterhalt. Er regte an, in Marbach lebenden und davon betroffenen Künstlern gegebenenfalls zu helfen – in Form einer Aufklärung über finanzielle Hilfe oder auch städtische Aufträge, die mit einem Verdienst verbunden sind.