Der Württembergische Vizemeister der Slam Poetry, Manuel Loy, hat die Gäste auf Schlossgut Hohenbeilstein unterhalten. Foto: Ralf Poller/avanti/i

Nach zweijähriger Corona-Pause hat am Sonntag erstmals wieder das Event „Wein, Wandern und Genuss“ im Bottwartal stattgefunden. Das Interesse war groß.

Entspannt sitzt Marius Loy an diesem sonnigen Sonntag gegen 13.15 Uhr auf einer Bank im Innenhof von Schlossgut Hohenbeilstein. Eben hat der württembergische Vizemeister im Poetry Slam seinen ersten von vier Auftritten hingelegt. Ob er in dem eher beschaulichen Umfeld gut ankam? Ja, findet Loy, er habe sich jedenfalls wohlgefühlt. „Ab 40 Leuten traut man sich zu lachen, heißt es – das ist hier schon ein etwas anderes Format als bei Poetry-Slam-Wettbewerben“, erklärt der Unterhaltungskünstler aus Esslingen, der mit Headset und Verstärkergerät des Schlossguts an die Tische herantrat und so seine Pointen in einer „Direktsituation“ zündete.

Kultur im Stundentakt bei den einzelnen Weingütern

Loy ist einer der Künstler, die von der Tourismusgemeinschaft Marbach-Bottwartal für die elfte Auflage von „Wein, Wandern und Genuss“ vermittelt wurde. Das Konzept ist seit Jahren das gleiche: Wanderer aus Nah und Fern werden ins Bottwartal gelockt, um auf zwei Rundwegen per pedes die reizvolle Landschaft zu erleben. Ganz dem touristischen Leitbild der Region „Wein und Literatur“ verpflichtet, bieten die Winzer ihre guten Tropfen mit Leckereien an und sorgen für ein stündliches Kulturprogramm.

Manche Gäste setzen sich in die S-Bahn und kommen irgendwann an

Eine volle Terrasse, aber noch kaum Wanderer verzeichnet in Kleinbottwar gegen 11.40 Uhr Bettina Roth vom Weingut Forsthof. „Wir sind oben auf dem Berg – da brauchen sie noch ein bisschen“, sagt sie schmunzelnd. Die Veranstaltung sei ein gutes Aushängeschild nach außen, es gebe Gäste aus dem Böblinger Raum, die inzwischen zu den Stammkunden zählten, „die setzen sich in die S-Bahn und sind dann irgendwann hier“. Für die Eiligen unter den Wanderern hält die Chefin Lachsbrötchen bereit, „wenn sie zu einem Kulturtermin pünktlich sein wollen“.

Die Aerobic-Gruppe des GSV Kleinbottwar ist im Einsatz

Auf seinen ersten Auftritt im Weingut Schäfer bereitet sich gegen 12.20 Uhr der Sprecher Jonathan Springer vor. „Schwarzromantische Lösungsansätze vom Grund des Glases“ wolle er vermitteln und Gedichte unter anderem von Charles Baudelaire über rauschartige Zustände rezitieren. Für Weingut-Inhaber Reinhard Schäfer ist es die erste Teilnahme am Event. Im Hof hat er Stühle aufgestellt, während Ehefrau Karin mit ihrer Aerobic-Gruppe des GSV unter anderem Rote Würste und Salatteller serviert.

Wandergruppe freut sich über die persönliche Ansprache

Vor dem Schäfer’schen Weingut ist Bärbel Essig in einer neunköpfigen Wandergruppe aus Rielingshausen schon wieder unterwegs: „Die supernette Ansprache vom Chef hat uns total gefallen.“ Die Stimmung in der Gruppe ist hervorragend. „Wir brauchen dann nur noch einen Shuttle nach Rielingshausen“, sagt eine Frau, die mit einem bequemen Ende auf der etwa 11,5 Kilometer langen Südstrecke liebäugelt.

Der Vorstandschef nimmt selbst die Bestellung entgegen

Geduldig nimmt bei den Bottwartaler Winzern in Großbottwar gegen 12.50 Uhr der Vorstandsvorsitzende Immanuel Gröninger die Bestellung eines älteren Paares entgegen. „Wir sind sehr zufrieden über den Besuch“, sagt er angesichts eines gut gefüllten Saales – das Wetter spiele mit, der Spargel sei ein perfekter Begleiter zum Wein. Es sei ein wichtiger Tag für die Winzer, die mit ihren Kunden in Kontakt treten wollten.

Im Vorjahr gab es nur ein Notprogramm mit To-go-Paketen

Oben auf dem Parkplatz der Burg Hohenbeilstein versorgt gegen 13.10 Uhr Julia Essig-Grabnar, die Leiterin der Tourismusgemeinschaft Marbach-Bottwartal, an ihrem Stand immer wieder Ortsfremde mit Informationen. Nachdem die Veranstaltung im Jahr 2020 wegen der Corona-Vorgaben ausfiel und ein Jahr später mit To-go-Päckchen im „Weinfrühling“ nur ein Notprogramm zum Zuge kam, ist Julia Essig-Grabnar froh, dass wieder Normalität einkehrt. Die beiden Strecken tragen beide drei von fünf Wandersterne. Das heißt, sie sind mittelschwer, so Essig-Grabnar. Um Beilstein seien es 9,5 Kilometer, die Südstrecke messe 11,5 Kilometer. Beide seien auch für Familien geeignet.

Lesen Sie aus unserem Angebot: „Lust auf den gemeinsamen Genuss“

Viele Fremde aus dem Remstal und dem Zabergäu hat Joscha Dippon, Inhaber des Bio Weinguts Hohenbeilstein, ausgemacht. Gegen 13.30 Uhr hilft er im Getränkeverkauf mit. Sein Weingut biete zudem eigene Kulturveranstaltungen an, wisse aber auch, dass „Wein, Wandern und Genuss“ als Gemeinschaftsprojekt der Winzer im Ort wichtig ist. „Ich bin froh, dass es diese Veranstaltung schon so lange bei uns gibt.“