Der Kirchentag in Stuttgart im Juni bietet ein buntes Programm Foto: dpa

Über 2500 Veranstaltungen finden im Rahmen des Kirchentages vom 3. bis 7. Juni in Stuttgart statt. Aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen spielen dabei eine große Rolle.

Stuttgart - „Die Welt ist aus den Fugen“, stellt Kirchentagspräsident Andreas Barner im Hinblick auf aktuelle Konflikte und Krisen fest. Diese Krisen wirken sich auch auf das umfangreiche Programm des Evangelischen Kirchentags unter dem Motto „damit wir klug werden“ in Stuttgart aus, das am Donnerstag in der Stuttgarter Liederhalle vorgestellt wurde. „Das Geschehen dieser Tage fordert auf besondere Weise dazu heraus, in christlicher Verantwortung Position zu beziehen“, betont Barner. Dementsprechend strukturieren drei Themenschwerpunkte die über 2500 Veranstaltungen: „Frieden und Flüchtlinge“, „Wirtschaft und Werte“ sowie „Demokratie und Daten“.

Prominente Gäste

Im Rahmen des Hauptvortrags unter dem Titel „Die Welt ist aus den Fugen“ am Samstag, 6. Juni, diskutieren der ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, der britische Bischof Nick Baines sowie Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier darüber, wer Verantwortung in Krisen und Konflikten übernimmt.

Friedensnobelpreisträger und Kinderrechtler Kailash Satyarthi spricht am Donnerstag, 4. Juni, darüber, welche Rolle Staat, Unternehmen und Konsumenten in der Gestaltung von Globalisierung und sozialer Entwicklung spielen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel wird auf dem Podium stehen – am Freitag, 5. Juni, wenn es um die Frage „Digital und klug? Wie wir Wirtschaft und Gesellschaft gestalten“ geht.

Dies sind nur wenige Auszüge aus dem 620 Seiten starken Programmheft des Kirchentages, der laut Kirchentags-Generalsekretärin Ellen Ueberschär ein „Friedenskirchentag“ werden soll. Krisen und Konflikte auf der Welt führten auch in Deutschland zu Verunsicherung und Angst, sagt sie. „Dieser Verunsicherung möchte der Kirchentag das Angebot eines verantwortlichen Glaubens entgegenhalten.“

Mit fünf großen Podienreihen zeige der Stuttgarter Kirchentag die theologischen, politischen, sozialen und technologischen Dimensionen des Themas Frieden auf: „Schuld und Versöhnung“, „Europa in Beziehung“, „Migration und Menschenrechte“, „Globale Partnerschaft“ sowie „Mensch, Technik, Demokratie“. „Die Frage nach dem Frieden wird in Stuttgart neu gestellt“, so Ueberschär.

Dialog der Religionen

Dazu gehöre auch der interreligiöse Dialog: So beleuchten Bischof Ralf Meister und der jüdische Rabbiner Julian Chaim Soussan die Zukunft des jüdisch-christlichen Austauschs. Die Islamwissenschaftlerin Rifa’at Lenzin spricht zum Thema „Wie Christen und Muslime zusammenleben“. Am 6. Juni können Kirchentagsbesucher in vier Stuttgarter Moscheen beim Mittagstisch der Religionen zu Mittag essen und anschließend an einer Führung teilnehmen.

Doch auch innerhalb der Evangelischen Kirche sollen die Zeichen auf Versöhnung stehen – der pietistische Christustag, ursprünglich die Gegenveranstaltung zum Kirchentag, wird in diesem Jahr gleichzeitig stattfinden. Diese Kooperation ist Ueberschär zufolge ein „Meilenstein auf dem Weg, Grenzziehungen abzubauen, ohne die eigenen Glaubensüberzeugungen aufzugeben“.

Gemeinsam würden „heiße Eisen“ angefasst, etwa wenn es um die Frage gehe, wie pietistisch, historisch-kritisch und feministisch zusammengingen. In Bezug auf die Bibelstelle zur Kirchentagslosung „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“ spielt auch das Thema Tod eine wichtige Rolle im Programm. Dazu gibt es eine sogenannte Abendreihe Endlichkeit, die sich mit Bestattungsriten und dem Umgang mit dem Sterben befasst.

Bourani und Co.

Neben den Veranstaltungen zu gesellschaftlichen und politischen Fragen findet Ueberschär zufolge auch ein großes Kulturprogramm statt: Die Wise Guys treten am Donnerstag, 4. Juni, auf. Andreas Bourani singt einen Tag später. Andreas Barner verweist auf „Trimum: Die vielen Stimmen Davids“. Das trialogische Konzert findet am Donnerstagabend statt und ist ein „europaweit einmaliges interreligiöses und interdisziplinäres Gemeinschaftsprojekt“, erklärt der Kirchentagspräsident.

Jüdische, muslimische und christliche Sänger und Musiker treten dabei gemeinsam auf. Als „Klang des Südens“ sind am Mittwochabend rund 4000 Sänger und Musiker aus dem Ländle zu hören. Gabriele Wulz, Prälatin in Ulm, verweist in diesem Zusammenhang auf die landeskirchlichen Projekte im Rahmen des Kirchentags: Dabei wolle man zeigen, wie international und religiös Stuttgart aufgestellt ist. „Ein Höhepunkt ist der Abend der Begegnung“, sagt Wulz, auf den sich die Gemeinden bereits intensiv vorbereiteten.

Und: „Noch nie war so viel Gottesdienst auf einem Kirchentag“, erklärt Ellen Ueberschär. Mehr Gottesdienste als je zuvor könnten gefeiert werden, unter anderem der ökumenische Gottesdienst am Donnerstag auf dem Schlossplatz.

„Ein Kirchentag ist für mich ein wunderbares Ereignis, ein Treffen, um den Glauben zu feiern, um die Ökumene zu leben, um sich auszutauschen zu unterschiedlichen Themen, und ein Kirchentag ist Musik“, fasst Kirchentagspräsident Barner zusammen. „All dies passt nach Stuttgart.“