Die Yasemin-Leiterin Monika Memmel (links) informiert die beiden SPD-Politikerinnen Katrin Altpeter und Angelika Klingel über das Projekt. Foto: Andreas Pieronczyk

Zwangsehe, Gewalt und extreme Kontrolle durch die Familie: Das sind die Themen, mit denen die Beratungsstelle Yasemin der Evangelischen Gesellschaft (Eva) zu tun hat. In zwei Dritteln der rund 190 Fälle jährlich geht es um Zwangsheirat. Doch die Dunkelziffer ist deutlich höher.

S-West - Zwangsehe, Gewalt und extreme Kontrolle durch die Familie: Das sind die Themen, mit denen die Beratungsstelle Yasemin der Evangelischen Gesellschaft (Eva) zu tun hat. In zwei Dritteln der rund 190 Fälle jährlich geht es um Zwangsheirat. Doch die Dunkelziffer ist deutlich höher. „Diese Konflikte kommen auf, weil die jungen Frauen in traditionell orientierten und patriarchischen Familiensystemen aufwachsen“, erklärt die Sozialpädagogin Hanna Schmidt. Ihren richtigen Namen will die Yasemin-Mitarbeiterin nicht in der Zeitung lesen. Sie will die Sicherheit ihrer Klientinnen nicht gefährden.

Flüchtlingsfrauen im Blick

Anonymität ist wichtig in der Beratungsstelle. „Die Frauen haben oft große Angst. Meist melden sie sich erst, wenn sie wirklich in Not sind“, sagt Schmidt. „Das heißt, wenn der familiäre Druck zu hoch geworden ist und eine Zwangsverheiratung kurz bevorsteht.“ Davor sei meist schon viel passiert – Einschränkung der Privatsphäre, Überwachung, sexueller Missbrauch und andere physische Gewalt. Die Beratungsstelle will den Betroffenen einen Rundumschutz bieten. Sie begleitet sie auf Behördengängen, vermittelt anonyme Wohnmöglichkeiten und organisiert sogar die Flucht in andere Bundesländer.

Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) und die Landtagswahlkandidatin Angelika Klingel (SPD) haben sich jetzt die Arbeit der Beratungsstelle angesehen. „Das ist eine sehr wichtige Arbeit und wird vorausschauend immer wichtiger, im Hinblick auf die ankommenden Flüchtlingsfrauen“, sagt Klingel. Um auf ihre Arbeit aufmerksam zu machen, veranstalten die Yasemin-Mitarbeiter zum Beispiel Präventionsveranstaltungen an Schulen, die helfen sollen, erste Kontakte herzustellen. 24 Veranstaltungen jährlich waren es zwischen 2012 und 2014, insgesamt hat das Team rund 1200 Teilnehmer erreicht. Die Anfragen kamen direkt von den Schulen. Nach den Veranstaltungen ergeben sich im Schnitt zwei bis drei neue Beratungsfälle. Die jungen Frauen bekommen dann Informationen über ihre Rechte und Möglichkeiten.

Finanzierung ist wackelig

„Im Moment wird Yasemin zu 87 Prozent über Haushaltsgelder des Landes finanziert“ sagt Monika Memmel, die Leiterin des Projekts. „Die Landtagswahl steht bevor und wir können nicht zu 100 Prozent sicher sein, wie es danach weitergeht.“ Deswegen wurden Politiker verschiedener Parteien eingeladen, um sie für die Arbeit von Yasemin zu sensibilisieren. Pro Jahr fallen rund 156 000 Euro an. 125 000 Euro hat bisher das Integrationsministerium übernommen. Eine weitere Finanzierung hängt von der Haushaltsplanung der Landesregierung ab.

Sozialministerin Katrin Altpeter denkt an eine Lösung: „Wir haben seit diesem Jahr den Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen. Ich würde das Projekt Yasemin gern darin aufnehmen“, sagt sie. Denn auch ihr sei wichtig, „dass wir die Finanzierung sichern können“.