Kirchengemeinderatsvorsitzender Werner Bossert wirbt für eine Fusion. Foto: Müller-Baji

Zwei der vier Kirchengemeinden sollen sich zusammenschließen. Bei den Mitgliedern gibt es Skepsis.

Weilimdorf - Gesundschrumpfen ist das neue Allheilmittel der Evangelischen Landeskirche. Da mit der Mitgliederzahl auch die Kirchensteuereinnahmen zurückgehen, werden mit dem Pfarrplan 2018 erneut Stellen gestrichen. In der Oswald- und der Wolfbuschgemeinde geht es um insgesamt eine viertel Pfarrstelle. Vor allem um in der Gestaltung der verbleibenden Stellen flexibler zu sein und um den Verwaltungsapparat zu verschlanken, strebt man bis zum nächsten Jahr eine Fusion beider Kirchengemeinden an. Ein weiterer Schritt könnte bis 2019 eine „große Fusion“ aller Weilimdorfer Kirchengemeinden sein.

Die Entscheidung über die jetzt anstehende „kleine Fusion“ liegt bei den beiden Kirchengemeinderatsgremien, die bereits Zustimmung bekundet haben. „Wir machen keine Volksabstimmung“, sagte Pfarrer Hartmut Häcker. Versammlungen im Gemeindehaus Ludmannstraße und in Wolfbusch informierten kürzlich die Gemeindeglieder über die Fusion. Die reagierten eher skeptisch. Dabei klingt es nach einer guten Idee: Denn die Gesamtkirchengemeinde mit ihren vier Einzelgemeinden hat einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand. Eine Fusion könnte Kräfte freisetzen, so dass die Pfarrer sich vermehrt auf ihre Hauptaufgaben Verkündigung und Seelsorge konzentrieren könnten. Zudem hofft man auf positive Synergien in der Gemeindearbeit. Mit weniger Aufwand könne man mehr Menschen erreichen und schwächelnden Projekten vielleicht neues Leben einhauchen, so Kirchengemeinderätin Sylvia Rados.

Schreck scheint tief zu sitzen

Historisch betrachtet scheint es allerdings, als bleibe man lieber für sich: Die Weilimdorfer haben zwar seit 1861 eine Gesamtkirchengemeinde, die unterteilt sich seit 1962 aber in die Einzelgemeinden Oswald, Stephanus und Wolfbusch; 1989 kam die Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde hinzu. Als der Verkauf des Oswald-Pfarrhauses vor einigen Jahren die Renovierung des Gemeindehauses Ludmannstraße finanzieren sollte, stellte man fest, dass der Grundbucheintrag nie geändert worden war und der Verkaufserlös eigentlich der Gesamtkirchengemeinde zugestanden hätte. Zwar wurde eine Lösung für das Problem gefunden, aber der Schreck scheint tief zu sitzen.

Die Gäste im Oswald-Gemeindehaus wirkten durchaus nicht alle überzeugt: Warum man mit Wolfbusch fusionieren solle, wo man doch zum Beispiel auf Ebene der Frauenkreise seit Jahren hervorragend mit der Stephanusgemeinde zusammenarbeite, wollte etwa eine Teilnehmerin wissen. Wirklich spruchreif sei derzeit nur eine Fusion von Oswald und Wolfbusch, erfuhr sie. Gewachsene Strukturen in der Gemeindearbeit hätten aber in jedem Fall Bestandsschutz und würden auf keinen Fall auseinander gerissen, versuchte Rados die Bedenken zu zerstreuen.

Die Zeit drängt: Nach dem Weggang von Pfarrer Michael Jung im vergangenen Jahr ist seine Stelle noch nicht wieder ausgeschrieben worden, da ihr Umfang von einer Entscheidung für oder gegen eine Fusion abhängig ist. Sie soll aber bis Sommer besetzt werden, was auch eine Entscheidung über eine Fusion bis zur Besetzungssitzung am 18. April dringend erforderlich macht. Pfarrer Hartmut Häcker konnte seinen Gemeindegliedern schließlich abringen, dass man zwar nicht ausdrücklich für eine Fusion, aber immerhin auch nicht ganz dagegen sei. Ähnliches erwartete man von der Gemeindeversammlung in Wolfbusch. Werner Bossert, Vorsitzender des Oswald-Kirchengemeinderats betonte: „Ich sehe keine Alternative.“ Aber Begeisterung bei den Mitgliedern sieht – noch – anders aus.