Die Martinskirche am Oberdorfplatz soll die klassische Predigtkirche bleiben. Foto: A. Kratz

Der evangelische Kirchengemeinderat hat sein neues Konzept für die Gottesdienste im Stadtteil Möhringen vorgestellt.

Möhringen - Eins ist bei der Gemeindeversammlung am Donnerstagabend deutlich geworden: Der Kirchengemeinderat hätte noch etwas radikaler vorgehen können. Es ging um die künftige Organisation und Struktur der Gottesdienste in der evangelischen Gemeinde. Diese umfasst 6000 Mitglieder, vier Seelsorgebezirke und drei Kirchen. Doch längst sind die Gotteshäuser sonntagmorgens nicht mehr voll.

Darum gründete der Kirchengemeinderat im Juli des vergangenen Jahres eine Projektgruppe. Den Mitgliedern ging es aber weniger darum, wie man generell wieder mehr Menschen für die Kirche interessieren könnte. Im Vordergrund stand die Frage, was für eine Art von Gottesdienst für die verschiedenen Gruppen in der Gemeinde interessant sein könnte. Außerdem sollen Dopplungen vermieden werden. Denn bislang bietet die Gemeinde an vielen Sonntagen in ihren drei Kirchen dasselbe an. Hinzu kommt, dass die Pfarrer oft Doppeldienste haben. In der Praxis bedeutet das, dass der Pfarrer, kaum dass das letzte Wort der Predigt in der einen Kirche gesprochen ist, weiter zur nächste Kirche eilen muss. Für ein kurzes Gespräch mit dem ein oder anderen Gemeindemitglied bleibt keine Zeit mehr.

Martinskirche als Ort für traditionelle Gottesdienste

Das soll sich ändern. Die Projektgruppe des Kirchengemeinderats hat ein Konzept entwickelt und jeder Kirche einen Schwerpunkt zugeordnet. Die Martinskirche sei die klassische Predigtkirche, der Ort für traditionelle Gottesdienste, sagte Martin Hoppenstedt von der Projektgruppe. Außerdem soll das Gotteshaus der Ort für Distriktgottesdienste sein. Zum Distrikt gehören auch die Gemeinden Sonnenberg und Fasanenhof. Und deren Mitglieder wollen, wenn sie schon für den Gottesdienst nach Möhringen müssen, in die Martinskirche gehen. Das habe eine Umfrage ergeben, sagte Hoppenstedt.

Der Gottesdienst in der Martinskirche soll künftig schon um 9.30 Uhr statt wie bisher um 10 Uhr beginnen. Der Grund: Doppeldienste sollen weiterhin möglich sein. Allerdings soll der Pfarrer wenigstens ein bisschen mehr Zeit haben, um nach der Predigt noch mit den Gemeindemitgliedern ins Gespräch zu kommen.

Taizé-Gebete und Socke-Gottesdienste

Die Christuskirche wird der Ort für meditative Gottesdienste. Einmal im Monat ist ein solcher Gottesdienst angedacht, ansonsten gibt es eine traditionelle Predigt. Auch die Taizé-Gebete werden künftig in dem Gotteshaus an der Märzenbaumstraße stattfinden. Darüber hinaus sind einmal im Monat Samstagabend-Gottesdienste angedacht. Wann genau, steht noch nichts fest.

Die Auferstehungskirche wird vor allem ein Ort für Familien. Dort ist ein- bis zweimal im Monat ein freier Gottesdienst geplant. Das kann zum Beispiel ein sogenannter Socke-Gottesdienst sein. Der Name setzt sich zusammen aus den Anfangsbuchstaben der Wörter: seriös, offen, christlich, kreativ und ereignisreich. Diese in der Gottesdienstgestaltung umzusetzen, ist das Ziel.

Ansonsten werden auch in der Auferstehungskirche traditionelle Gottesdienste gefeiert. Außerdem soll das Gotteshaus an der Widmaierstraße der Ort für die Kleine Kirche und die Kinderkirche werden.

Große Beteiligung im Vorfeld

Sabine Schmid-Haug moderierte die anschließende Diskussion. „Wir haben an der Ausarbeitung dieses Konzepts bewusst viele Menschen beteiligt“, sagte die Kirchengemeinderätin. Alle Gruppen, die mit dem Gottesdienst zu tun haben, seien beteiligt gewesen. Ihr und ihren Mitstreitern sei völlig klar, dass mit dem vorgelegten Konzept große Veränderungen verbunden seien, die auch schmerzten. „Wir wollen nun wissen, was die Gemeinde von dem Plan hält“, forderte Schmid-Haug zur Diskussion auf.

Die Gemeindemitglieder sprachen überwiegend von einem guten Konzept, das „viele Chancen“ bringe. Viele wünschten sich aber mehr Mut für noch mehr zentrale Gottesdienste. Dafür gebe es auch ökologische und ökonomische Argumente, denn eine Kirche im Winter zu heizen, koste viel Geld, sagte ein Gemeindemitglied. Der Kantor Leonhard Völlm betonte, dass ein zentraler Gottesdienst nicht nur wirtschaftlich Sinn ergebe. Es gehe vor allem um den Austausch der Gemeindemitglieder untereinander und darum, sich besser kennenzulernen.

Start im neuen Jahr

Der Kirchengemeinderat war geradezu erleichtert über die positive Resonanz. Der Vorsitzende Friedemann Kammerer versprach, die verschiedenen Anregungen aus der Gemeindeversammlung in das Konzept einzuarbeiten. Er machte aber auch deutlich, dass der Kirchengemeinderat letztlich die Entscheidung fälle. Denn dies sei seine „ureigenste Aufgabe“. Vom kommenden Jahr an soll das neue Konzept umgesetzt werden. „Wir wollen das ausprobieren“, sagte Kammerer. Auf Anregung aus der Gemeinde sicherte er aber auch zu, dass der Kirchengemeinderat das Thema auf Wiedervorlage setze. Bei einer Gemeindeversammlung im kommenden Jahr sollen die Mitglieder gemeinsam mit dem Kirchengemeinderat Bilanz ziehen.