Der Ellwanger Museumsdirektor Andreas Gut mit dem Schatz. Foto: dpa/Stefan Puchner

Zwei Männer auf einer illegalen Suche. Sie hoffen, alte Waffen zu finden. An einem alten Hohlweg schlägt ihr Metalldetektor an. Ein Schatz in einem Tonkrug. Jetzt kann er besichtigt werden - und lässt Betrachter von seinen Geheimnissen träumen.

Ellwangen - Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert. So könnte durchaus jemand gedacht haben, der vor rund 700 Jahren einen Tonkrug an einem Hohlweg unweit des Klosters Ellwangen vergrub. Der Inhalt: mehr als 9200 Silbermünzen. Darunter kein Taler oder Gulden, dafür jede Menge Heller - also „Haller Pfennige“, geprägt in der königlichen Münzstätte in Schwäbisch Hall. Wegen ihrer damals weiten Verbreitung werden diese kleinen Geldstücke aus dünnem Silberblech von Experten auch gern mal „Euros des Mittelalters“ genannt.

Mit dabei sind auch ein Würzburger Denar, drei Turnospfennige aus Frankreich und ein paar weitere Geldstücke. Insgesamt wiegt der kleine Berg von Silberlingen 5,82 Kilogramm. Von diesem Samstag an wird der Fund im Ellwanger Alamannenmuseum in einer Sonderausstellung präsentiert. Über die Bedeutung ist sich die Fachwelt weitgehend einig: „Der Ellwanger Münzschatz ist mit über 9200 Prägungen einer der größten Münzschatzfunde in Süddeutschland“, sagt der Stuttgarter Regierungspräsident Wolfgang Reimer.

Andere Münzfunde aus dem Spätmittelalter (etwa ab Mitte des 13. Jahrhunderts) im Südwesten seien kleiner und unvollständig, erklärt der Gebietsreferent des Landesamts für Denkmalpflege Jonathan Scheschkewitz. „Hier haben wir es mit einem vollständigen Münzschatz zu tun, mit einem durchaus hohen Gesamtwert.“ Für den Krug voller Heller hätte sich der Besitzer nach Schätzung der Archäologen einen „Bauernhof in einem mittelertragreichen Gebiet“ kaufen können.

Doch mit welchem Ziel und wie wurde das Vermögen zusammengetragen? Abgaben, Pachtzinsen, Verkaufserlöse, Steuereinnahmen? Wer war der Besitzer - oder die Besitzerin? Beim Betrachten der Münzen im Alamannenmuseum - die einen mithilfe eines speziellen nasschemischen Gels auf Hochglanz geputzt, die meisten jedoch im Fundzustand mit grüner Patina - kann man schon ins Träumen kommen.

„Viele Szenarien sind denkbar“, sagt die an der Aufbereitung des Schatzes beteiligte Expertin Nicole Ebinger-Rist. „Wir neigen dazu, von einem Mann als Besitzer auszugehen. In dem Krug fand sich nämlich neben den Münzen ein einzelner Ring - alle Frauen bei uns haben ihn aufprobiert, aber er war allen zu groß.“

Vielleicht, so Ebinger-Rist, habe ein Mann seinen Ring noch oben auf den Münzschatz gelegt, als er ihn - womöglich in großer Eile - vergrub. Um ihn zu verstecken? Aber vor wem? Vor Räubern? Oder war der Münzkrug gestohlen und sollte vor den rechtmäßigen Eigentümern verborgen werden?

Als sicher gilt, dass zumindest der letzte Besitzer keinen Genuss aus dem Vermögen ziehen konnte - sonst wäre es nicht vollständig erhalten geblieben. „Das ist eigentlich traurig“, sagt Ebinger-Rist. Wenngleich ein Segen für die Mittelalter-Archäologen, die sich forschend mit dem Schatz beschäftigen können.

Die Sonderausstellung dauert zehn Wochen

Zehn Wochen dauert die Sonderausstellung, dann verschwinden die Münzen wieder im Fundus des Landesamts für Denkmalpflege in Esslingen. „Mit dem Schatz verbinden sich noch offene Fragen, denen wir nachgehen wollen“, sagt Scheschkewitz.

Derweil ist der Ellwanger Museumsdirektor Andreas Gut sichtlich stolz auf die Ausstellung. „Lange Zeit hieß es doch, bei uns seien kaum bedeutende archäologische Funde zu erwarten“, sagt er. „Wir seien zu weit vom Limes entfernt, wo mehr zu finden ist - und wir würden Schätze ausstellen, die nicht von hier, sondern aus dem Nachbarort Lauchheim stammen. Und dann die Nachricht vom Ellwanger Münzfund, wunderbar war das!“

Doch um ein Haar hätte die Welt gar nichts von diesem Schatz erfahren. Entdeckt wurden die Münzen 2017 von zwei Hobby-Suchern, die sie zunächst als Beute unter sich aufteilten. Eigentlich waren die Männer aus dem Ostalbkreis auf der Suche nach Militaria-Utensilien und Munition, als ihr Metalldetektor nahe Ellwangen anschlug.

Im Januar 2018 packte einen der Männer wohl das schlechte Gewissen. Er meldete sich beim Landesamt, gab alles zu und wies den Experten den Weg zur Fundstelle. Da hatten die beiden Amateure freilich schon wichtige Spuren vernichtet, die den Archäologen interessante Hinweise hätten liefern können. Die Männer kamen mit Geldstrafen davon, der am Ende ehrliche der beiden mit einer kleineren.

Nach dem baden-württembergischen Denkmalschutzgesetz sind solche Funde mit der Entdeckung automatisch Landeseigentum; Suchaktionen ohne Genehmigung sind nicht erlaubt. „Leider gibt es aber gerade für alte Münzen einen Schwarzmarkt, auf dem wohl so mancher Fund verschwindet“, klagt Scheschkewitz.