Die Flügel einer Fledermaus Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Am Samstagabend hat der Nabu Stuttgart zur European Batnight am Max-Eyth-See eingeladen. Zahlreiche Familien mit Kindern sind gekommen, um Fledermäuse aus nächster Nähe zu betrachten.

Stuttgart - Die Fledermaus hatte lange einen schlechten Ruf. Schuld daran war wahrscheinlich Bram Stoker, der 1897 mit seinem Dracula den berühmtesten Vampir der Literaturgeschichte erschaffen hat, ein blutsaugendes Geschöpf mit Fledermausähnlichem Umhang. „Nur in Lateinamerika gibt es eine Fledermausart, die sich vom Blut anderer Tiere ernährt“, sagt Torsten Schmiegel. Die meisten Arten ernähren sich von Insekten, von Fruchtfliegen oder Mücken. Das Problem des Insektensterbens ist zu einem Problem für die Fledermäuse geworden. „Es wird immer schwieriger Nahrung zu finden“, sagt er.

Schmiegel ist ehrenamtlicher Fledermausfachberater und Ansprechpartner in Stuttgart für alle Fragen rund um die nachtaktiven Säugetiere. Gemeinsam mit Sonja Lehmann vom Nabu Stuttgart hat er an diesem Samstagabend zur European Batnight an den Max-Eyth-See eingeladen. Ob es an Batman liegt oder an Halloween – der schlechte Ruf der Tiere scheint passé. An diesem Abend sind zahlreiche Kinder mit ihren Eltern und Großeltern an den Max-Eyth-See gekommen, um einmal eine Fledermaus aus nächster Nähe zu sehen und mit etwas Glück auch in freier Wildbahn.

In Altbauwohnungen fühlen sich Fledermäuse wohl

Schmiegel holt eine Schachtel aus seinem Rucksack, während sich die kleinen Besucher um ihn scharen. In der Schachtel sitzt eines von seinen Pflegefällen, eine Zwergfledermaus. Bis zu drei Anrufe am Tag bekomme er derzeit, erzählt er. Es ist die Zeit, in der die Jungtiere ausschwärmen und ungeübt in der Navigation durch geöffnete oder gekippte Fenster fliegen. Besonders in Altbauwohnungen fühlen sie sich wohl. Er empfiehlt in solchen Fällen die Türen zu angrenzenden Zimmern zu schließen und die Fenster weit zu öffnen, damit die Tiere selbst hinaus finden. Beim Einfangen sollten Handschuhe getragen werden, da alle paar Jahre Tollwutfälle auftreten. Auch in einem Gefäß können die Tiere nach draußen transportiert und an einen Baumstamm oder an einer Hauswand abgesetzt werden. Auf keinen Fall sollte man sie aus dem Fenster werfen. Für geschwächte Exemplare könnte das den Tod bedeuten. Zur Not hilft ein Anruf bei der Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz Baden-Württemberg. Kürzlich hat Schmiegel in einem Hausflur an der Alexanderstraße gut 50 Fledermäuse nach draußen befördert.

Manche müssen danach wieder aufgepäppelt werden. So wie die Fledermaus, die er Fluffy genannt hat und die jetzt am Seeufer in seiner Hand sitzt. Schmiegel streicht ihr über den Kopf und erklärt die Anatomie des Säugetiers. Fluffy wird wohl ein Dauerpflegefall bleiben. „Wenn einmal eines der dünnen Finger- oder Armknochen gebrochen ist, wachsen sie nie mehr so zusammen, dass sie wieder fliegen können“, sagt er. Also macht Fluffy jetzt Öffentlichkeitsarbeit.

Und am Ende hat die Gruppe auch noch Glück mit Fledermäusen in freier Wildbahn. Bei einem Spaziergang entlang des Sees ertönt in Lehmanns Fledermausdetektor ein knatterndes Geräusch. Der Detektor wandelt die hochfrequenten Rufe der Tiere in hörbare Laute um. Die Kinder werfen sich auf den Boden und schauen hoch zum inzwischen schwarz gewordenen Himmel, wo eine Zwergfledermaus ihre Runden dreht.