Bei der Europawahl haben die irischen Wähler den Regierungsparteien einen Denkzettel verpasst. Foto: dpa

Tag drei der Europawahl: Nach Schließung der Wahllokale in Irland deutet sich dort eine Niederlage der etablierten Parteien an. Am Samstag stimmten mehrere kleinere Länder ab. Das Gros der EU-Wähler folgt am Sonntag. Dann stimmen 21 Länder ab - auch Deutschland.

Tag drei der Europawahl: Nach Schließung der Wahllokale in Irland deutet sich dort eine Niederlage der etablierten Parteien an. Am Samstag stimmten mehrere kleinere Länder ab. Das Gros der EU-Wähler folgt am Sonntag. Dann stimmen 21 Länder ab - auch Deutschland.

Dublin/Riga - Die irischen Wähler haben ihrer Regierung bei der Europawahl einen Denkzettel verpasst. Bei der Abstimmung kam die konservative Fine-Gael-Partei von Premierminister Enda Kenny nur auf 22 Prozent der Stimmen, die mitregierenden Sozialdemokraten von Labour erzielten gar nur sechs Prozent. Das bedeutet Verluste im zweistelligen Bereich im Vergleich zu zurückliegenden Wahlen. Starke Zugewinne verbuchten bei einer Wahlbeteiligung von um die 50 Prozent unabhängige Kandidaten, aber auch die linksgerichtete Sinn-Fein-Partei des Ex-IRA-Mannes Gerry Adams legte zu.

Die Iren waren am späten Freitagabend nach den Niederlanden und Großbritannien die dritte der 28 EU-Nationen, die den Urnengang beendeten. Am Nachmittag schlossen auch in Tschechien, wo zwei Tage lang abgestimmt wurde, die Wahllokale. Prognose gab es dort keine, Ergebnisse gibt es wie überall in Europa erst am Sonntag. Bis zum Abend ging die Abstimmung in der Slowakei, in Lettland und Malta weiter, auch in den französischen Überseegebieten wurde gewählt.

Die übrigen 21 Länder, darunter die beiden größten EU-Staaten Deutschland und Frankreich, stimmen erst am Sonntag ab. Insgesamt sind 400 Millionen Menschen zur Wahl aufgerufen, darunter rund 64 Millionen in Deutschland. Insgesamt wird das neue Europaparlament 751 Abgeordnete haben, 15 weniger als bisher. Mit künftig 96 Abgeordneten bekommt Deutschland die meisten Mandate aller Mitgliedsländer. Mit Spannung wird erwartet, wie stark rechte, populistische und euroskeptische Parteien abschneiden.

In Lettland zeichnet sich einer ersten vorläufigen Prognose zufolge ein klarer Sieg des proeuropäischen Einheitsblocks von Regierungschefin Laimdota Straujuma ab. Das vor den Wahlen favorisierte oppositionelle Harmoniezentrum käme demnach auf Platz zwei, vor den beiden anderen Mitte-Rechts-Regierungsparteien. Dies berichtete das lettische Fernsehen unter Berufung auf eine Befragung von knapp 12 000 Wählern durch das Forschungsinstitut „Latvijas Fakti“ nach der Abstimmung. Die Wahl galt auch als Stimmungstest vor der Parlamentswahl in dem Baltenstaat im Oktober.

Der Leiter der Wahlkommission in Riga rechnete nach Schließung der Wahllokale mit einer Beteiligung von um die 30 Prozent - deutlich weniger als bei der Wahl vor fünf Jahren. Damals hatten 53,7 Prozent der 1,5 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.

In Deutschland machten am Samstag zum Wahlkampffinale die Parteivorsitzenden und Spitzenkandidaten noch einmal Werbung für ihre Parteien. Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel legte in Worms ein Bekenntnis zur friedlichen Lösung der Ukraine-Krise und anderer Konflikte ab. SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz rief in Frankfurt/Main die Bürger zur Wahl auf, um Rechtspopulisten keine Chance zu geben. Ähnlich äußerten sich in Berlin Grünen-Spitzenkandidatin Rebecca Harms und -Parteichef Cem Özdemir.

Europaskeptiker in den Niederlande erleiden Schlappe

In den Niederlanden hatte am Donnerstag überraschend der Rechtspopulist und Europaskeptiker Geert Wilders eine deutliche Schlappe erlitten. Dort setzten sich die europafreundlichen Kräfte der linksliberalen D66 und der Konservativen durch. Einen ähnlichen Trend für proeuropäische Kräfte sagte für Tschechien eine erste - allerdings nicht repräsentative - Wählerbefragung durch Reporter der Zeitung „MF Dnes“ voraus.

In Großbritannien schien sich dagegen ein deutlicher Stimmenzuwachs für die rechtspopulistische Unabhängigkeitspartei UKIP abzuzeichnen, die einen Austritt aus der EU anstrebt. Die britische Gesetzgebung verbietet die Veröffentlichung von Wählerbefragungen bei Europawahlen bis zur Schließung der EU-weit letzten Wahllokale, so dass nur ein vager Trend aufgrund der Ergebnisse der gleichzeitig stattgefundenen Kommunalwahlen abzulesen war. Danach konnte neben UKIP die im Unterhaus oppositionelle Labour-Partei leichte Zugewinne erzielen. Die regierenden Konservativen von Premierminister David Cameron und die Liberaldemokraten als kleinerer Koalitionspartner erlitten herbe Verluste.

In Irland kam einer Prognose des Fernsehsenders RTE zufolge die regierende Fine-Gael-Partei auf 22 Prozent der Stimmen, ebenso wie die oppositionelle Fianna Fail. Sinn Fein, einst politischer Arm der Untergrundorganisation IRA im Nordirland-Konflikt und später wesentlich an der Gestaltung des Friedensprozesses beteiligt, kam auf 17 Prozent. Der größte Stimmanteil entfällt aber der Prognose zufolge mit 27 Prozent auf unabhängige Kandidaten.