Die Münchner stehen vor ihrem 30. nationalen Titel – das ist eine erstaunliche Rekordmarke in der Bundesliga. In Schottland beeindruckt das aber keinen Fußball-Fan, weil es dort seit Ewigkeiten nur zwei Sieger gibt.
Stuttgart - Wer ein Fan der Glasgow Rangers ist, der kommt aus dem Feiern nicht mehr raus. Fast Jahr für Jahr stürmen die Anhänger die Pubs und stoßen kräftig an auf ihre Jungs in den blauen Trikots. 54 Mal wurden die Rangers schottischer Fußballmeister – das ist der sagenhafte europäische Rekord. Doch dabei handelt es sich nicht um eine so genannte einsame Bestmarke, denn mit 53 Titeln folgt schon der nordirische Rekordmeister Linfield FC. Auf Platz drei liegt übrigens Celtic Glasgow mit 51 Meisterschaften. 1985 war der FC Aberdeen der letzte schottische Meister, der nicht aus Glasgow kam.
Schon an diesem Dienstag kann es in Deutschland mal wieder heißen: der FC Bayern ist deutscher Meister. Zum x-ten Male wäre das dann so, die Münchner Titelsammlung muss ja wohl bald aus allen Nähten platzen. Langweiliger geht’s nur noch in Schottland zu. Freunde der Abwechslung sind jedenfalls längst genervt von den in Dauerschleife errungenen Bayern-Titeln. Wenn die Münchner an diesem Dienstag bei Werder Bremen (20.30 Uhr) gewinnen, dann stehen sie bereits am 32. Spieltag als Meister fest. Keiner kann sie mehr einholen. Zyniker mögen nun zurufen: „Liebe Bayern, die deutsche Meisterschaft habt ihr aber schon mal früher eingetütet!“ Es wird sie aber nicht ärgern. Und es schmälert auch nicht die Leistung, für die sich die Münchner auch in diesem Jahr wieder eine hohe Anerkennung verdient haben.
Die Rangers müssten sich auflösen
Nur: So erfolgreich wie die Glasgow Rangers, und das freut jetzt natürlich alle Nicht-Bayern-Fans, sind sie nicht. Die Münchner stehen vor ihrem 30. Meistertitel, und wenn sie jetzt gedanklich damit anfangen sollten, dem Rekord der Schotten nachzujagen, würde das doch sehr wundern. Mit anderen Worten: Das kann man vergessen! Dazu benötigt der Club gefühlte 200 Jahre, weil die Rangers natürlich auch noch den einen oder anderen Titel holen werden. Da müsste sich der Verein schon in Luft auflösen.
Da die Experten geneigt sind, den schottischen oder nordirischen Fußballbetrieb ziemlich überheblich in den Bereich der Operettenligen einzuordnen, ist es ja wohl kein Hexenwerk, dort 54 mal Meister zu werden. Was wirklich zählt, sind die in den ganz großen Fußball-Ligen gewonnenen Titel – als da wären: die Ligen in England, Spanien, Italien und Deutschland. Erstaunlich ist, dass sich in Spanien Real Madrid (mit 33 Meisterschaften) sowie der FC Barcelona (30) ganz wunderbar abwechseln und in Italien Juventus Turin (35) wie auch Real ebenso die Nase vorn hat vor den Bayern. Dagegen geht’s in England wirklich spannend zu. Manchester United ist dort mit 20 Titeln ein im Vergleich zu den anderen Topclubs eher bescheidener Rekordchampion. Auf Platz liegt übrigens Jürgen Klopps FC Liverpool (18) vor dem FC Arsenal (13).
Das Besondere am bevorstehenden 30. Titel des FC Bayern München ist: es wird die achte Meisterschaft in Folge sein. Besser ist da nur Celtic Glasgow, das zuletzt neun Mal nacheinander den nationalen Titel gewann. Das war aber nur möglich, weil die Rangers 2012 wegen Insolvenz runtergestuft wurden und sich mühsam wieder in die erste Liga hocharbeiten mussten. Celtic kickte in den vergangenen Jahren extrem konkurrenzlos in der Gegend herum.
Unterhaltsames Schneckenrennen
Die Bayern stehen also vor ihrem 30. Streich. Nun könnte man mal raten lassen, wer da in Deutschland im Ranking überhaupt den zweiten Platz belegt. Borussia Dortmund? Klar, das ist der erste Gedanke. Doch die richtige Antwort lautet: es ist der 1. FC Nürnberg – mit neun Titeln, die die Cluberer mit Ausnahme der gewonnenen Meisterschaft im Jahr 1968 alle in grauer Vorzeit holten. Dann erst auf Platz drei kommt Borussia Dortmund mit acht gewonnenen Meisterschaften. Und wer in dieser Rangliste den HSV mit sechs Titeln auf Rang sieben und den VfB Stuttgart mit fünf Erfolgen auf dem achten Rang stehen sieht, der fällt von Glauben ab – zumal sich die beiden Clubs in der zweiten Liga zurzeit ein unterhaltsames Schneckenrennen um den Aufstieg liefern.
Aber das ist eine andere Geschichte. Eine, die den bald wieder meisterlichen FC Bayern nicht interessieren wird. „Wir wollen das Ding nach Hause fahren“, sagt Leon Goretzka, der formstarke Mittelfeldmotor des Serienmeisters, ziemlich humorlos.