EZB-Präsident Mario Draghi zieht immer mehr Unmut auf sich Foto: dpa

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ein Imageproblem: Der Kommunikationsstil des EZB-Präsidenten Draghi gerät immer stärker in die Kritik. Sogar von einer Palastrevolte ist die Rede.

Frankfurt - Die Europäische Zentralbank (EZB) kümmert sich seit fast 15 Jahren um den Euro. Durchaus mit Erfolg. Der Euro ist stabil und hat sich zur zweitwichtigsten Reservewährung nach dem Dollar hochgearbeitet. Auch die Finanzkrise haben die Währungshüter im Euro-Tower anerkannt gut gemanagt. Und die Notenbanker sind bislang als Team aufgetreten, jedenfalls unter den beiden ersten Präsidenten, dem Niederländer Wim Duisenberg und dem Franzosen Jean-Claude Trichet. Und zumindest im überwiegenden Teil seiner seit genau drei Jahren währenden Amtszeit auch unter dem Italiener Mario Draghi.

Davon ist allerdings mittlerweile nicht mehr viel zu spüren. Der Führungsstil und die Kommunikationspolitik des EZB-Präsidenten geraten bei anderen EZB-Oberen und Notenbank-Chefs immer stärker in die Kritik. Sogar von einer Palastrevolte ist die Rede. EZB-Beobachter fürchten um die Glaubwürdigkeit der Notenbank.

Längst wird der Unmut über den 67jährigen Italiener, der die EZB noch bis 2019 führen soll, nicht mehr unter der Hand geäußert, sondern ganz offen. Die Kommunikationspolitik der EZB, die Draghi verantwortet, halte er „für nicht sehr glücklich“, sagt Bundesbank-Vorstandsmitglied Joachim Nagel. Sie sorge für Unsicherheit bei Investoren.

Das Verhältnis zwischen Draghi und Bundesbank-Präsident Jens Weidmann gilt fast schon als zerrüttet. Fernab von Frankfurt gingen beide Anfang Oktober mehr oder weniger direkt aufeinander los. Am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) beschwerte sich Draghi, dass Weidmann quasi aus Prinzip fast immer gegen Beschlüsse des Rates stimme, Bundesbanker hielten dem Italiener vor, in der EZB ein „präsidiales System“ etabliert zu haben, in dem die Ratsmitglieder von Draghi vorab verkündete Beschlüsse nur abnicken sollten. „Draghi macht längst, was er will. Er hat den Rat in der Hand“. Galt dies vor Wochen noch als fast exklusive Meinung von Bundesbankern weitet sich die Kritik mittlerweile massiv aus. „Die Missstimmung ist deutlich zu spüren“, sagt Michael Schubert, erfahrener EZB-Beobachter bei der Commerzbank.

Ehemalige EZBler sind schockiert. „Unter Trichet hat man miteinander geredet. Da waren Direktorium und Rat ein kollegiales Team“. Jetzt ist indirekt von Heimlichtuerei die Rede.

Angeblich werden sie in einer Dreier-Gruppe aus Draghi, Chefvolkswirt Peter Praet und dem Franzosen Benoit Coeure, vorab abgesprochen. Und Draghi prescht dann gerne auch mal vor und tut kund, was noch gar nicht beschlossen ist, oder nennt ohne Absprache Dinge, die Ratsmitglieder, gelinde gesagt, verblüffen. Der Präsident selbst, der nach den Ratssitzungen nur mit Vize-Präsident Vitor Constancio vor die Journalisten tritt, gibt sich meist gelassen und spricht dann gerne von „einmütigen“ Entscheidungen.

Draghi agiert, sagt Volkswirt Schubert, mit anglo-amerikanischen Methoden, um die Krise zu bekämpfen. Er warte die Wirkung von Maßnahmen nicht ab, sondern glaube, immer mehr machen zu müssen. Das missfällt offenbar auch dem deutschen Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger, der früheren Vize-Präsidentin der Bundesbank. Äußerungen von ihr ist zu entnehmen, dass sie die Debatte über Käufe auch von Euro-Staatanleihen nicht nur für verfrüht hält, sondern an deren Nutzen zweifelt.

Die Kritik an Draghi könnte dem Ansehen der EZB schaden. Uwe Burkert, Chef-Volkswirt der Landesbank Baden-Württemberg spricht von „schlechtem Stil“ und warnt vor einem Glaubwürdigkeitsverlust. Ähnlich sieht es Ulrich Kater, Chef-Ökonom der Deka-Bank. „Stimmt etwas in den oberen Etagen der EZB nicht, dann droht der größte Glaubwürdigkeitsschaden in der Eurozone“. Kater macht allerdings auch die Politik und die Regierungen in Euroland für die Spannungen und die Missstimmung im Eurotower verantwortlich. Weil der Reformwillen wenig ausgeprägt sei, gerate die EZB unter immer stärkeren Druck. Auf den sei sie nicht eingestellt.