Der Korruptionsskandal um Eva Kaili löste im Europaparlament großes Entsetzen aus. Doch die Aufarbeitung verläuft inzwischen eher schleppend. Foto: AFP/ERIC VIDAL

Das Europaparlament hat sich nach einem Bestechungsskandal neue Transparenzregeln auferlegt. Experten gehen die allerdings nicht weit genug.

Der Name Eva Kaili ist in Brüssel fast vergessen. Diese überraschende Amnesie steht im krassen Gegensatz zum Aufschrei, den die griechische Europaabgeordnete einst auslöste. Die Griechin stand Ende 2022 im Zentrum eines Bestechungsskandals, bei dem es um Millionenzahlungen, Luxusreisen und Einflussnahme durch Katar und Marokko ging. Die Staatsanwaltschaft in Belgien ermittelt wegen Korruption, Geldwäsche und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung.

Strengere Vorgaben für Geschenke und Treffen

Unter dem Eindruck der Enthüllungen machten sich die EU-Abgeordneten anfangs mit großem Eifer daran, die Transparenzregeln für die Arbeit im Parlament zu verschärfen. So sollen in Zukunft Vermögenserklärungen am Anfang und am Ende eines Mandats abgegeben werden. Außerdem wird es strengere Vorgaben für die Annahme von Geschenken und die Übernahme von Reisekosten durch Dritte geben. Künftig müssen auch deutlich mehr Treffen mit Lobbyisten veröffentlicht werden.

Doch schon eine die Bilanz der Aufarbeitung, ein Jahr nach dem Skandal, fiel ernüchternd aus. Es gebe zwar Vorschriften, aber sie würden nicht richtig durchgesetzt und nicht überwacht, sagte Shari Hinds von der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International. „Im Moment gibt es praktisch keine Konsequenzen, wenn die Regeln nicht eingehalten werden.“

Kein unabhängiges Kontrollorgan

Das Europaparlament sei durch die angeschobenen Reformen spürbar transparenter geworden, erklärt der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund, der sich in der vergangenen Legislaturperiode einen Namen im Kampf gegen die Korruption gemacht hat. Mehrere wichtige Neuerungen seien aber abgelehnt worden. „Am schmerzhaftesten ist weiterhin die komplette Abwesenheit einer unabhängigen Kontrollinstanz von Lobbyregeln,“ sagt er. Zudem befürchtet Freund, dass sich in der kommenden Legislaturperiode in Sachen Korruptionsbekämpfung im Europaparlament nicht viel tun wird. Das habe vor allem mit der Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse zu tun.

Im alten Parlament habe eine Mehrheit aus Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen die entsprechende Gesetzgebung beharrlich vorangetrieben, erklärt er. Nun habe aber die konservative Fraktion der Europäischen Volkspartei viele Stimmen hinzugewonnen und könne mit ihrer Mehrheit solche Vorstöße blockieren.

Ein Ethikgremium mit schwachem Stand

Was Daniel Freund damit meint, zeigte sich noch kurz vor der Europawahl. Nur Wochen vor dem Urnengang stimmte das Parlament im Kampf gegen Korruption für die Einrichtung eines unabhängigen Ethikgremiums. Das soll künftig gemeinsame Mindeststandards für das Spitzenpersonal der Union und die Abgeordneten entwickeln und einzelne Fälle untersuchen können. Die Konservativen stemmten sich allerdings bis zuletzt dagegen. „Die so genannte Ethik-Behörde hat schwerwiegende Konstruktionsfehler“, kritisierte CDU-Politiker Sven Simon, verfassungspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion. „Sie schwächt den europäischen Parlamentarismus und untergräbt die Gewaltenteilung.“

Das Problem mit den extremen Politikern

Daniel Freund befürchtet zudem, dass die Korruption im Parlament mit dem Einzug vieler extremer Politiker weiter um sich greifen könnte. Vor allem die Vertreter aus dem rechtspopulistischen Lager seien zuletzt besonders aufgefallen, wenn es um dubiose Geldflüsse ging. Beispiele sind für den Grünen-Politiker etwa die Partei von Marine Le Pen. Die Französin selbst ist bereits vom Europäischen Gerichtshof verurteilt worden. Sie hat über Jahre EU-Mittel für den eigenen Rassemblement National zweckentfremdet und musste 300 000 Euro an das Europaparlament zurückzahlen.

Auch in den Reihen der deutschen AfD gibt es aktuell spektakuläre Fälle. Gegen den AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl Maximilian Krah und den Zweitplatzierten der Liste Petr Bystron sind Vorwürfe laut geworden, dass sie Geld von pro-russischen Quellen beziehen oder bezogen haben. Vor allem die Wahl dieser beiden skandalträchtigen AfD-Politiker lässt Daniel Freud ziemlich frustriert zurück. Die Wähler forderten ständig Politiker mit einer weißen Weste und machten dann ihr Kreuz bei Leuten, die Ermittlungen wegen Korruption am Hals haben.