Herthas Davie Selke im Duell gegen Dmytro Grechyshkin. Foto: Bongarts

Plötzlich ist alles offen: Nach dem 2:0 gegen Sorja Luhansk darf Hertha BSC wieder auf das Weiterkommen in der Europa League hoffen. Gefeierter Doppeltorschütze ist Davie Selke, die Youngsters können sich empfehlen.

Berlin - Pal Dardai klatschte kurz in die Hände und gratulierte dann jedem seiner Youngster. Ein stark verjüngtes Team von Hertha BSC mit Doppel-Torschütze Davie Selke hat die Berliner Hoffnungen auf das Überwintern in der Europa League erhalten. Dank des ersten Siegs in der Gruppenphase seit fast acht Jahren schaffte der deutsche Hauptstadtclub mit jetzt vier Punkten den Anschluss an die beiden führenden Teams Östersund und Luhansk.

U21-Europameister Selke (16./73. Minute) sicherte mit seinen Europacup-Treffern Nummer zwei und drei für Hertha am Donnerstag das 2:0 (1:0) gegen Sorja Luhansk und damit den Premierensieg in der aktuellen Spielzeit. Mit einem weiteren Dreier am 23. November bei Athletic Bilbao könnte Hertha an den Ukrainern vorbeiziehen, die dann Östersunds FK empfangen. „Die Leistung war überragend, deshalb bin ich sehr, sehr gut gelaunt“, sagte Selke bei Sky.

Falls es noch eines Beweises bedurfte, dass Coach Dardai der Bundesliga und dem anstehenden Spiel beim VfL Wolfsburg am Sonntag die klare Priorität einräumt, so lieferte der Ungar diesen mit seiner Startelf gegen die Ukrainer. Auf acht Positionen änderte der Coach die Anfangsformation im Vergleich zum 2:1 gegen den Hamburger SV, schonte Nationalspieler Marvin Plattenhardt und die Innenverteidiger Karim Rekik und Sebastian Langkamp.

Vor nur 20 358 Zuschauern nutzten die Youngster Arne Maier, Jordan Torunarigha und Maximilian Mittelstädt ihre Chance mit couragierten Auftritten. Kurz vor Ende bekam auch noch Trainer-Sohn Palko (18) seine erste Europacup-Minuten. „Jeder junge Spieler hat sich richtig gut gezeigt“, schwärmte Dardai, wollte der Einwechslung seines Sohns aber keine außergewöhnliche Bedeutung beimessen: „Für mich ist das kein besonderes Gefühl. Ich habe auch unter meinem Vater gespielt.“ Mit knapp über 25 Jahren im Schnitt war es dem Datendienstleister Opta zufolge das jüngste Hertha-Team seit viereinhalb Jahren.

Die Talente nahmen die Herausforderung an, zeigten sich engagiert und bissig. Torunarigha (20 Jahre) legte frech mit der Hacke auf Mittelstädt (20) ab - und dessen präzise Flanke köpfte Selke (22) zur Führung ein. „Wunderschöne Kombination, schachmatt“, lobte Dardai. Nur fünf Minuten nach der verdienten Führung forderten die Berliner vergeblich Elfmeter, nachdem Luhansk-Verteidiger Dimitri Gretschyschkin den Ball im Strafraum mit der Hand berührte.

Die Unerfahrenheit war den jungen Profis in einigen Aktionen aber noch anzusehen, vor allem das Offensivspiel litt an Fehlpässen und Ungenauigkeiten. Das Dardai-Team erarbeitete sich zu wenige zwingende Tor-Möglichkeiten.

So mussten die Berliner gegen die in ihren Möglichkeiten stark eingeschränkten Gäste lange auf die Entscheidung warten. Nach einem fahrlässigen Querpass von Jewgen Opanasenko nahm Esswein Tempo auf, schickte Selke - der Stürmer umkurvte Lunin und schob aus spitzem Winkel ein. Damit sicherte Selke dem Hauptstadtclub auch den Vorteil im direkten Vergleich mit Luhansk. Schon vor zwei Wochen beim 1:2 in der Ukraine hatte Herthas Rekord-Neuzugang getroffen.

Am Ende durften die treuen Berliner Fans den ersten Erfolg in der Europa-League-Vorrunde seit Dezember 2009 (1:0 gegen Sporting Lissabon) feiern. Damals kam Hertha nach ähnlich schwachem Start wie diese Saison mit drei Siegen in den letzten drei Spielen doch noch weiter - den ersten Schritt zu einem ähnlichen Kunststück hat die aktuelle Generation nun auch geschafft.