Der portugiesische Finanzminister Mário Centeno ist seit Jahresbeginn neuer Eurogruppenchef. Foto: dpa

Der neue Eurogruppenchef aus Portugal beim Antrittsbesuch in Berlin: Mário Centeno spricht sich für einen Euro-Finanzminister aus. Den sieht Kanzlerin Angela Merkel aber mit Skepsis.

Berlin - Der neue Eurogruppen-Chef Mário Centeno hat sich für einen Eurofinanzminister ausgesprochen. Bei seinem Antrittsbesuch beim geschäftsführenden Finanzminister Peter Altmaier (CDU) in Berlin sagte der Portugiese, er sehe gute Möglichkeiten, solch eine Position in Europa zu schaffen. In der Diskussion um die Reform der Europäischen Währungsunion hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker einen Eurofinanzminister vorgeschlagen. Die Bundesregierung hat dagegen allerdings Einwände. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, die Debatte um einen Eurofinanzminister werde schlagwortartig geführt. Sie sehe es mit Skepsis, wenn künftig ein Mitglied der EU-Kommission zugleich der Eurogruppe vorstehen soll. Altmaier wollte sich zu diesem Vorschlag nicht äußern. Diese Frage werde von den Staats- und Regierungschefs entschieden, so Altmaier.

Eurogruppenchef drückt aufs Tempo

Centeno dringt auf schnelle Reformen der Eurozone. Die gute wirtschaftliche Lage in Europa verschaffe Rückenwind. Der Aufschwung werde aber nicht ewig dauern. Deshalb sollten die Euroländer das Zeitfenster für Neuerungen nutzen. Ziel müsse es sein, den Euro zu schützen und Europa widerstandsfähiger gegen Krisen zu machen. Dazu soll nach Centenos Vorstellungen der Ausbau des Eurorettungsfonds ESM zum Europäischen Währungsfonds gehören. Centeno will auch die Fiskalregeln überarbeiten. Er versicherte aber, die Defizitgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) werde nicht angetastet.

Dies fordern jedoch deutsche und französische Ökonomen, die Vorschläge für die Weiterentwicklung der Europäischen Währungsunion vorlegten. Die 14 Wirtschaftswissenschaftler aus beiden Ländern verfolgen nicht den Ansatz, alles anders machen zu wollen. Sie regen begrenzte Korrekturen an, die zu einer effektiveren Zusammenarbeit führen sollen. „Frankreich sollte mehr Marktdisziplin zulassen und Deutschland zu mehr Risikoteilung bereit sein“, sagte Clemens Fuest, Chef des Münchner Ifo-Instituts. Die Forscher betonen, dass mit den Reformen keine Transferunion geschaffen werden soll.

Ökonomen gegen Maastricht-Defizitgrenze

In ihrem Papier schlagen die Ökonomen vor, die Drei-Prozent-Defizitregel im Maastricht-Vertrag abzuschaffen. Ifo-Präsident Fuest sagte, mit dieser Regel könne niemand glücklich sein. Es fehle ihr in schlechten Zeiten an Flexibilität und in guten Zeiten an Biss. Das Defizitkriterium soll durch eine neue Ausgabenregel ersetzt werden. Danach sollen Staatsausgaben nicht schneller wachsen als das nominale Bruttoinlandsprodukt. An der Bestimmung, dass die Schulden eines Eurolandes maximal 60 Prozent des BIP betragen dürfen, soll dem Vorschlag zufolge festgehalten werden. Mit dem Ausbau der Bankenunion wollen die Forscher den Teufelskreis durchbrechen, dass sich Bankenkrisen schnell zu Staatsschuldenkrisen auswachsen können. Wenn Banken zu hohen Teilen Wertpapiere eines Eurolandes halten, sollen sie ihr Eigenkapital erhöhen. Damit soll verhindert werden, dass Geldhäuser vor allem Staatsanleihen ihres Heimatlandes horten. Außerdem soll ein Mechanismus für eine geordnete Schuldenrestrukturierung geschaffen werden.

Zusätzlich schlagen die Forscher einen sogenannten Schlechtwetterfonds vor, der einzelnen Ländern bei großen Wirtschaftskrisen hilft. In dem Modell der Ökonomen müsste Deutschland rund drei Milliarden Euro jährlich in den Fonds einzahlen.