US-Präsident Trump verschärft den internationalen Steuerwettbewerb. Foto: AFP

Der Fall Apple zeigt: Pläne der EU-Kommission, Internetgiganten wie Apple, Amazon und Google vom Fiskus stärker zur Kasse zu bitten, könnten scheitern. Die Fachleute der Kommission arbeiten mit Hochdruck daran, eine Antwort auf die Entwicklung in den USA zu finden.

BrüsselDie Trump’sche Unternehmenssteuerreform bereitet den Steuerexperten der EU-Kommission große Bauchschmerzen. Sie bewirkt, dass die Giganten der Internetwirtschaft wie Apple, Google und Amazon ihre Steuerprivilegien im Auslandsgeschäft verlieren. Die Konzerne werden ihre Milliardengewinne aus den Geschäften in Europa und Asien künftig in den USA versteuern müssen. Damit entfällt eine wichtige Voraussetzung der EU-Pläne, diese Unternehmen künftig in Europa einer wirksamen Besteuerung zu unterwerfen. Ein Experte für das internationale Steuerrecht sagt im Gespräch mit unserer Zeitung: „Es gibt kein natürliches Anrecht der EU, von den US-Unternehmen Steuern zu verlangen, wenn sie in den USA der Besteuerung unterliegen.“

Hintergrund ist: Im internationalen Steuerrecht gilt das Prinzip, dass Unternehmensgewinne nur einmal besteuert werden. Alarmiert wurde Brüssel kürzlich durch die Ankündigung von Apple, das Auslandsvermögen in den USA zu versteuern. Der Techkonzern hat ein riesiges Vermögen von 252 Milliarden Dollar (206 Milliarden Euro) im Ausland aufgehäuft. So viel Geld wie kein anderes US-Unternehmen. Es stammt überwiegend aus den Gewinnen von Apple in Asien und Europa. Bisher waren diese Summen, solange sie im Ausland lagerten, nicht einer Besteuerung durch den US-Fiskus unterworfen. Dies war eine Ausnahme im US-Unternehmenssteuerrecht. Meist war dieses Geld, sehr zum Ärger der Europäer, in Steueroasen geparkt.

Die USA verschärfen den internationalen Steuerwettbewerb

Die Trump-Regierung hat nun mit ihrer Reform die Karten im Steuerrecht neu gemischt. Sie schafft die Steuerfreiheit auf die im Ausland gelagerten Gewinne ab. Apple zahlt rund 38 Milliarden Euro Steuern auf das Auslandsvermögen. Dies entspricht einem Steuersatz von 15,5 Prozent. Das ist kein schlechter Deal. Kapitalgesellschaften zahlen in den USA sonst 21 Prozent auf ihre Gewinne. Und die Trump-Regierung schärft den internationalen Steuerwettbewerb noch mit einem zweiten Schachzug: Die USA entziehen mit der Reform zugleich der jahrelang geübten Praxis vieler US-Unternehmen die Grundlage, Gewinne steuerfrei im Ausland zu lagern. Diese Gewinne im Ausland werden künftig mit einem Satz von rund 13 Prozent in den USA besteuert. Das ist in etwa so viel, wie die Niedrigsteuer-Länder in der EU, Bulgarien und Irland verlangen.

Über Jahre war es Apple, Amazon und vielen anderen Unternehmen gelungen, die in der EU erwirtschafteten Gewinne so gut wie steuerfrei aus Europa herauszuschaffen. Dabei halfen EU-Mitgliedsländer wie Irland, Belgien, Luxemburg und die Niederlande, die den US-Konzernen gegen die Schaffung von Jobs ihrerseits Steuerprivilegien gewährten. So schaffte Apple es, zwischen 2003 und 2014 in Irland, über das der Konzern sein Europa-Geschäft abwickelt, 13 Milliarden Euro Steuern weniger zu zahlen, als nach den ohnehin niedrigen irischen Steuergesetzen fällig gewesen wäre. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager verpflichtete Irland daher 2016, sich die Milliarden von Apple zurückzuholen.

Ambitionierte Brüsseler Pläne

Die Empörung über den Fall Apple in Irland führte auch dazu, dass die EU-Kommission Irland und die anderen Mitgliedstaaten zwang, Steuerschlupflöcher zu schließen. Außerdem wurden immer mehr Forderungen laut, die im Ausland ansässigen, aber in Europa tätigen Internet-Großkonzerne auch in der EU einer wirksamen Besteuerung zu unterziehen. Umso erstaunlicher ist, dass die Kommission davon jetzt nichts mehr wissen will. Ein Kommissionssprecher sagte: „Es hat sich nichts verändert.“ Es bleibe dabei, Irland muss die 13 Milliarden zurückfordern. Wie in Brüssel zu hören ist, ist den Experten der EU-Kommission intern durchaus klar, dass die Trump’sche Steuerreform die ambitionierten Brüsseler Pläne für eine Besteuerung von Apple, Google und Co. schwieriger, wenn nicht ganz zunichtemachen wird. Die Fachleute der Kommission arbeiten mit Hochdruck daran, eine Antwort auf die Entwicklung in den USA zu finden.