Die EU-Kommission will einen besseren Service, günstigere Preise und größere Transparenz beim Online-Handel durchsetzen Foto: dpa

Besserer Service, günstigere Preise, größere Transparenz. Die EU will den Internethandel in Europa einfacher und sicherer machen. Der neue digitale Binnenmarkt soll die Macht von Google & Co. zügeln.

1. Idee

Ob Google, Amazon, Microsoft oder Apple: Die großen Konzerne aus den USA dominieren das Geschäft im und mit dem Internet. Sie profitieren vom Riesen-Markt USA und einheitlichen gesetzlichen Regelungen und drängen immer stärker nach Europa. In der Europäischen Union hemmen den Handel immer noch starke nationale Grenzen der 28 Mitgliedstaaten. So gibt es kein einheitliches Urheberrecht, keinen verbindlichen Datenschutz, kein harmonisiertes Telekommunikationsgesetz. Das will die EU-Kommission ändern und hat 16 Initiativen präsentiert. Der Grundgedanke: Einheitliche Regelungen machen den Austausch und Verkauf von digitalen Produkten leichter, lassen den Markt wachsen und schaffen Arbeitsplätze. Im besten Fall könnten auch in Europa Internetunternehmen in der Größe von Google & Co. entstehen.

2. Macher

Günther Oettinger Foto: dpa

Den Weg zum grenzenlosen digitalen Europa wollen vor allem zwei EU-Kommissare ebnen: Andrus Ansip, zuständig für den digitalen Binnenmarkt, und Günther Oettinger, der für digitale Wirtschaft und Gesellschaft verantwortlich ist. Ein Digital Native ist keiner von ihnen. Immerhin hat Ansip einst als Premierminister Estland zu einem Land geformt, das bei der Nutzung digitaler Technik als eines der modernsten in Europa gilt. Auch Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager aus Dänemark dürfte eine Rolle spielen. Sie wirft Google Missbrauch seiner Marktmacht vor und lässt in den kommenden Monaten mögliche Wettbewerbshindernisse untersuchen.

3. Verbraucherschutz

E-Book-Leser Foto: Fotolia

Die meisten Internetnutzer in Deutschland haben schon einmal online eingekauft, doch nur wenige in einem Internetladen außerhalb Deutschlands. Sie haben Angst vor Abzocke, schlechtem Service oder wissen nicht, was sie im Fall einer Reklamation tun können. Was ist zum Beispiel, wenn das E-Book aus Frankreich nicht funktioniert? Welche Verbraucherrechte gelten dort, und wie kann sie ein deutscher Kunde durchsetzen? Die EU möchte verbindliche Regeln schaffen, die für physische Güter wie Möbel oder Schuhe oder digitale Inhalte wie E-Books oder Apps gelten. Gesetzesvorschläge soll es noch in diesem Jahr geben. Im besten Fall wird es für die Kunden künftig einfacher und sicherer sein, die beste Ware zum besten Preis aus jedem beliebigen EU-Staat zu bestellen. Unternehmen wiederum könnten leichter ihre Geschäfte auch in anderen EU-Ländern betreiben.

4. Entgrenzung

Wer im Internet Videos schauen oder Musik hören will, sieht oft nur einen Sperrhinweis. Das wird Geoblocking genannt und bedeutet, dass Verbraucher nur Inhalte aus ihrem eigenen Land aufrufen können. Die EU-Kommission will dafür sorgen, dass die Kunden bereits bezahlte Online-Inhalte überall in Europa nutzen können. Der frei zugängliche „Tatort“ aus der ARD-Mediathek wäre allerdings von Spanien aus nach wie vor nicht zu sehen. Die EU-Kommission will auch das „ungerechtfertigte“ Geoblocking im Internethandel bekämpfen. Denn Verbraucher können oft Waren nicht bestellen oder werden auf Webseiten im eigenen Land umgeleitet, wo sie höhere Preise bezahlen müssen. Damit kostet der gleiche Mietwagen in Barcelona zum Beispiel für einen Deutschen mehr als für einen Franzosen.

5. Transparenz

Die EU-Kommission nimmt auch die Macht von Plattformen wie Google ins Visier Foto: dpa

Online-Plattformen sind populär. Verbraucher nutzen sie zur Internet-Suche, für soziale Kontakte, zum Einkaufen, um Preise zu vergleichen oder um Apps herunterzuladen. Die Macht und fehlende Transparenz vieler Plattformen ist der EU-Kommission allerdings ein Dorn im Auge. So ermittelt die Behörde seit Jahren gegen Google, weil sie die US-Suchmaschine im Verdacht hat, ihre starke Marktposition auszunutzen. Bis Ende des Jahres will Brüssel eine „umfassende Untersuchung der Rolle von Plattformen“ in allen 28 Mitgliedstaaten präsentieren. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager will vor allem mögliche Hürden für die Verbraucher unter die Lupe nehmen. Im Fokus stehen die populärsten Handelsprodukte, also Elektronik, Bekleidung, Schuhe und digitale Inhalte wie Apps.

Sicherheit, Gebühren, Aussichten

6. Datensicherheit

Die EU-Kommission will ein Siegel für Cloud-Dienste Foto: ra2 studio/Fotolia

Ob Mails, Bilder oder Dokumente: Viele Verbraucher speichern Daten nicht auf dem heimischen Computer, sondern auf Rechnern im Internet, den sogenannten Cloud-Diensten. Diese werden immer beliebter. Viele Kunden wissen jedoch nicht, ob sie dem Anbieter vertrauen können und ob ihre Daten wirklich sicher sind. Die EU-Kommission will deshalb eine Art Gütesiegel etablieren. Außerdem sollen Kunden ihre Daten künftig problemlos mitnehmen können, wenn sie den Anbieter wechseln. Das ist bisher nicht immer möglich.

7. Gebührenfreiheit

Roaminggebühren könnten erst in einigen Jahren wegfallen Foto: Antonioguillem/Fotolia

Verbraucher zahlen im EU-Ausland noch immer gut 20 Cent pro Minute für das Telefonieren und gut 20 Cent pro Megabyte Daten für das Surfen im Internet. Auch dann, wenn sie eigentlich eine Flatrate haben. Roaming werden die Sondergebühren genannt, die Netzbetreiber für ihre Dienste im Ausland verlangen. Eigentlich sollten die Extra-Gebühren im kommenden Jahr ganz entfallen. Doch die großen Netzbetreiber wollen auf die Einnahmen nicht verzichten. Jetzt könnte es sein, dass die Abschaffung der Extra-Gebühren noch einige Jahre auf sich warten lässt und die Verbraucher für eine Übergangszeit zumindest ein freies Kontingent fürs Telefonieren und Surfen bekommen, bevor sie zahlen müssen. Mit einer Entscheidung wird in den nächsten Monaten gerechnet.

8. Effizienz

E-Behördengänge sollen einfacher werden Foto: Fotolia

Behördengänge und Verwaltungssachen lassen sich heute immer häufiger online erledigen, sei es die Steuererklärung oder der Termin mit der Meldebehörde. Allerdings fragen Behörden dieselben Informationen oft mehrfach ab. Das nervt die Verbraucher und treibt die Verwaltungskosten in die Höhe. Die EU-Kommission will deshalb möglichst oft das „Nur einmal“-Prinzip durchsetzen und dadurch bis 2017 möglichst jährlich rund fünf Milliarden Euro einsparen. Daten von Bürgern oder Unternehmen sollen dann an alle notwendigen Behörden und Stellen weitergeleitet werden.

9. Aussichten

Die EU-Kommission hat eine Strategie, die sie mit grundsätzlichen Inhalten und einem groben Zeitrahmen unterfüttert. Details und die Kostenfragen stehen allerdings noch nicht. Ob es der Kommission gelingt, binnen zwei Jahren einen digitalen Binnenmarkt zu schaffen, ist deshalb fraglich. Konkrete Gesetzesvorschläge müssen erst folgen. Und diese wiederum müssten das Europaparlament und die 28 EU-Staaten billigen – eine Herkulesaufgabe. Man denke nur daran, wie deutsche Datenschutz-Standards auf britisches Geschäftsdenken treffen. Einmal abgesehen von den Lobbyisten aus den verschiedensten Wirtschaftsbereichen, die den Rahmen möglichst zu ihren Gunsten nutzen wollen. Deshalb könnte Europa im Vergleich zu den USA und den Mitbewerbern aus Asien noch weiter ins Hintertreffen geraten.