Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch und Bundeskanzlerin Angela Merkel Foto: dpa

Die EU ist mit ihrem Versuch gescheitert, die Ukraine doch noch mit einem Assoziierungs- und Handelsabkommen stärker an sich zu binden.

Vilnius - Die ukrainische Opposition wirft Präsident Viktor Janukowitsch seit langem vor, Angst zu haben. Angst vor demokratischem Wettstreit und europäischen Standards. Beim EU-Osteuropa-Gipfel im litauischen Vilnius nahm Angela Merkel diesen Faden am Freitag auf. „Es hängt an der Ukraine, ob sie den Mut hat, den entscheidenden Schritt auf Europa zuzugehen“, sagte die Bundeskanzlerin nach einem Vier-Augen-Gespräch mit Janukowitsch.

Kurz vor dem Gipfel hatte der Präsident die Mutprobe verweigert. In Vilnius lehnte er es endgültig ab, ein mehr als 1000 Seiten langes Assoziierungsabkommen zu unterzeichnen, das Brüssel und Kiew in siebenjähriger Arbeit ausgehandelt haben. Merkel und die EU-Führung ihrerseits drängten den Präsidenten erneut zum Handeln: „Die Tür für die Ukraine bleibt dauerhaft offen, aber Sie müssen sich entscheiden, ob Sie hindurchgehen wollen“, lautete die Botschaft. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sagte: „Die Zeit ist gekommen, um Courage zu zeigen und Entscheidungen zu treffen.“

Noch offensiver formulierte es die Gipfel-Gastgeberin, die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite: „Druck von außen darf keine Ausrede dafür sein, nicht zu handeln“, sagte sie an die Adresse des ukrainischen Präsidenten. Janukowitsch hatte in Vilnius zuvor erneut betont, er könne den Vertrag wegen des Drucks aus Russland nicht unterzeichnen. „Wir haben große wirtschaftliche Schwierigkeiten, vor allem bei Energielieferungen“, erklärte er. Der Kreml hatte dem kleineren Nachbarn wiederholt mit einem Gas- und Handelskrieg gedroht, sollte sich die Ukraine dem Westen zuwenden.

In der EU gibt es für Janukwitschs Nöte durchaus Verständnis. „Die Ukraine steckt finanziell in einer tiefen Krise“, sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. Kanzlerin Merkel kündigte an: „Europa wird Gas zur Verfügung stellen, wenn die Ukraine das will.“ Die unverhohlenen Forderungen nach mehr Geld, die Kiew mit Verweis auf die russischen Drohungen erhebt, will Brüssel allerdings nicht akzeptieren. Janukowitsch hatte zuletzt eine Rechnung in Höhe von 160 Milliarden Euro bis 2017 aufgemacht. Das sei völlig utopisch, hieß es in EU-Verhandlungskreisen. „Wir können, wollen und werden solche Summen nicht zahlen.“

Mit der Absage des Schlüsselstaates Ukraine war der Vilnius-Gipfel schon vor Beginn gescheitert. Ziel der sogenannten Östlichen Partnerschaft der EU ist es, sechs ehemalige Sowjetrepubliken näher an den Westen heranzuführen. Immerhin fixierten Georgien und die Moldau ihre Assoziierungsverträge. Die endgültige Unterschrift soll möglichst noch 2014 folgen.